Mittwoch, 7. Dezember 2011, 8.04 Uhr: AK-Präsident Siegfried Pichler schickt ein dramatisches Mail an die rote Landeshauptfrau und den Finanzreferenten. Eindringlich warnt er vor den Folgen der Spekulationen. Beachtet wurde es nicht, die Folgen sind bekannt. „Krone“-Gespräch am letzten Tag der Präsidentschaft.
Ein frostiger Freitagmittag im Elisabethviertel beim Salzburger Bahnhof, dort wo die Sozialdemokraten die letzte Bürgermeister-Wahl um wenige Stimmen verloren: Vollversammlung der Arbeiterkammer.
Der Generationen-Wechsel wird vollzogen:
Rhetorische Rosen vom Chef der Gewerkschaft
ÖGB-Boss Erich Foglar streut Rosen und die große Nachwuchshoffnung der Salzburger Sozialdemokraten, Gerald Forcher, zählt die Erfolge von Siegfried Pichler auf: Nicht nur die Wintersport-Börse oder der Steuerlöscher waren es, seit dem Amtsantritt 2002 wuchs der frühere Lehrling Pichler in eine Rolle hinein, die er so gut ausfüllte, dass er einst historisch in einer Reihe mit Franz Olah oder Anton Benya stehen wird.
Das erste Treffen in den Bergen von Filzmoos
Erstmals getroffen haben einander Siegfried Pichler und Gerald Forcher, als sie im Alter von 44 sowie 19 waren: Bei einem Anstellungsgespräch in Filzmoos. Und Forcher war nach wenigen Sätzen sicher: Dieser Gerechtigkeitsfanatiker müsse sein neuer Chef werden.
Das pdf 11101 birgt brisanten Sprengstoff
Die „Krone“ ist in Kenntnis eines brisanten Dokuments, des pdf 11101, geschickt am Mittwoch, dem 7. Dezember 2011 um 8.04 Uhr, von Siegfried Pichler an Landeshauptfrau Burgstaller, den damaligen Finanzreferenten und Burgstaller-Vize sowie an Landesrat Blachfellner, zur Sicherheit an Uwe Höfferer von der SPÖ.
Titel: Die spinnen alle. Ich schäme mich.
Präsident Pichler fragt darin, wie lange sich die Regierenden aller Europäischen Nationen noch von irgendwelchen privaten Ratingagenturen und vom Finanzmarkt an der Nase herumführen lassen.
Wo bleiben die Sozialdemokraten?
Wo denn die Sozialdemokraten blieben, fragt Pichler und er sagt voraus, dass sie bei den nächsten Wahlen mit nassen Fetzen davongejagt werden und das sei gut so.
Pichler wörtlich: „Die Menschen lassen sich das sowieso nicht mehr lange gefallen und das ist gut so. Welche und wie viel Reformen es braucht, hat immer noch die Politik zu entscheiden und zu verantworten und nicht irgendwelche dubiosen Spekulanten.“
Schuldenbremse in der Verfassung hieße, dass auch bei der letzten Krise all die Beschäftigungsprogramme und konjunkturstärkenden Maßnahmen nicht gemacht hätten werden können, auch nicht im Land Salzburg.
Österreich brauche eine Verfassung, die in der Krise felsenfest steht und nicht erst geändert werden muss. Warum finde kein führender Sozialdemokrat die richtigen, kritischen Worte?
Pichler: „Ich schäme mich für diese Politik und für das Nichtstun der Sozialdemokratie. Ich werde mich auch im neuen Jahr darüber nicht verschweigen.“
Nadelstreif-Sozialisten
Wenn es Nadelstreifsozialisten genüge, dass sie von erzkonservativen Politikern zum Dinner geladen werden und die ihnen dann mitteilen, was sie zu tun haben, würden sie es sowieso nicht mehr lange tun. Und: Wo bleibt der Wille, sich nicht zum willenlosen Handlanger des Finanzmarktes degradieren zu lassen?"
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.