"Dauerpatient" ÖBB

ÖVP und Opposition attackieren Bures – SPÖ wiegelt ab

Österreich
21.10.2009 11:37
Die ÖBB bleiben ein verlässlicher Aufreger der Innenpolitik. Bei einer Aktuellen Stunde zu Beginn der Nationalratssitzung am Mittwoch sorgten die Bundesbahnen für heftige Debatten. Während ÖVP, BZÖ und FPÖ Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ, Bild) sowie ÖBB-Betriebsratsboss und Eisenbahner-Gewerkschaftschef Wilhelm Haberzettl (SPÖ) Versagen vorwarfen, beschuldigten die Angegriffenen Schwarz-Blau, für das Chaos bei den ÖBB gesorgt zu haben.

Das Thema für die Aktuelle Stunde hatte das BZÖ vorgegeben, dessen Obmann Josef Bucher die ÖBB gleich einmal als "Dauerpatienten am politischen Operationstisch" schilderte. Die Verfehlungen der diversen Bundesregierungen seien umfassend, prangerte der Bündnischef etwa Spekulationsverluste von 600 Millionen Euro oder die umstrittene Abfertigung für Ex-Bahn-Chef Martin Huber sowie die Verzögerung beim Koralmtunnel an.

BZÖ: Schulden trotz Mega-Subventionen
Die staatlichen Subventionen bei den ÖBB würden sich auf vier Milliarden jährlich belaufen - und trotzdem würden die Schulden von Jahr zu Jahr mehr, so Bucher, der dabei auch den Bahn-Betriebsrat in die Pflicht nahm. Haberzettl solle besser gleich Bahn-Chef werden, das wäre ehrlicher. Derzeit sei es nämlich so, dass die Gewerkschafter sich im Unternehmen bedienten. Doch die ÖBB seien "keine geschützte Werkstätte" für die Gewerkschaft.

SPÖ: "System der Freunderlwirtschaft" vorbei
Infrastrukturministerin Bures sieht hingegen goldene Zeiten auf die Bahn zukommen. Denn das "System der Freunderlwirtschaft", wie es in schwarz-blauen Zeiten geherrscht habe, werde es in Zukunft nicht mehr geben. Verantwortlich für viele Probleme seien gerade BZÖ-Politiker, "traurigerweise" teilweise begleitet "von unserem Regierungspartner". Gewürdigt wurde von Bures die Qualität der Bahn. Das unter ihr in die Wege geleitete Investitionsprogramm sei das größte der Zweiten Republik und in Sachen Güterverkehr auf der Schiene sei man in Europa am besten unterwegs.

ÖVP zur SPÖ: "Handeln statt sandeln"
ÖVP-Verkehrssprecher Ferdinand Maier erregte sich dagegen über den Zustand der Bahn und beklagte "enorme Verspätungen" und "dreckige Züge". Die Staatszuschüsse stiegen dabei ständig und die Gewerkschaft blockiere: "Der Herr Haberzettl muss aufpassen, dass er nicht in die Rolle gedrängt wird, Anwalt der Tachinierer zu werden." Auch die Verkehrsministerin sieht Maier gefordert. Das Rezept "wegschauen und durchtauchen" habe schon bei ihrem Vorgänger Werner Faymann (SPÖ) nicht funktioniert: "Handeln statt sandeln ist angesagt."

FPÖ sieht Verantwortung bei den Roten
Für die FPÖ machte sich der Abgeordnete Peter Fichtenbauer darüber lustig, dass nach SPÖ-Darstellung alles Schlechte bei der Bahn just in den sechs Jahren passiert sei, als Schwarz-Blau das Land gelenkt habe. Immerhin hätten die Sozialdemokraten viele Jahrzehnte das Verkehrsressort geleitet. Den aktuellen Zustand der ÖBB sieht er düster. Beklagt wurden von Fichtenbauer Streckenstreichungen, ein Schnellbahn-Chaos und Verspätungen. Ungeachtet dessen würden die Fahrpreise weiter angehoben.

Grünen-Kritik an "unnötigen Riesentunnels"
Ein wenig von diesen Schlachtthemen grenzte sich die Grüne Verkehrssprecherin Gabriela Moser ab. Sie ärgerte sich darüber, dass Geld in "unnötige Riesentunnels" gesetzt werde, statt den Nahverkehr zu stärken. Zusätzlich müsse die Schiene gegenüber der Straße gestärkt werden, wofür es einer flächendeckenden Lkw-Maut bedürfe. Sozialsprecher Karl Öllinger verteidigte die Belegschaft gegen Angriffe wegen der Frühpensionierungen, denn es sei ja der Politik darum gegangen, die Leute aus dem Unternehmen zu drängen.

Haberzettl sieht Schuld bei Schwarz-Blau
Der oberste Bahn-Gewerkschafter Haberzettl ließ die schwarz-blau-orangen Vorwürfe gegen sich abperlen. Denn die eigentliche Katastrophe für die ÖBB sei jene Strukturreform, die unter Schwarz-Blau 2003 beschlossen worden sei. Infrastrukturminister Hubert Gorbach (BZÖ) sei ja schon so unkontrollierbar gewesen, dass ihm die ÖVP einen Aufpasser zur Seite stellen haben müssen. Er selbst sei sich seiner Sache ganz sicher. Bei der Belegschaftsvertretungswahl hätten mehr als 90 Prozent sozialdemokratisch gewählt: "Die wissen, wo die Feinde sitzen", so Haberzettl in Richtung der Rechtsparteien.

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