Live im Gasometer

Franz Ferdinand: Ein Relikt aus vergangenen Tagen

Musik
14.03.2018 00:34

Vor nur etwa 2000 Fans konzertierten die einstigen Indie-Rock-Superstars Franz Ferdinand nach fünfjähriger Österreich-Abwesenheit am Dienstagabend im Wiener Gasometer. Alex Kapranos und Co. bemühten sich nach Kräften, konnten aber nur mit den Nostalgiehits für Spannung sorgen. Im Vorprogramm überzeugten die Amadeus-nominierten Dives mit zurückgelehnter Gitarrenmusik.

(Bild: kmm)

Am frühen Zenit ihrer Popularität füllten die Indie-Rocker Franz Ferdinand kurz vor Weihnachten 2005 die Wiener Stadthalle – vier Jahre später begeisterte man in der Grazer Helmut-List-Halle noch immer eine fünfstellige Zahl an Anhängern. Doch schon damals wurde schleichend klar, dass den Schotten der Sprung in die Zeitlosigkeit nicht wirklich gelang. Mit ihren feurigen, gitarrenlastigen Brit-Rock-Nummern erfassten sie Anfang des Millenniums das Lebensgefühl einer ganzen Generation und waren die wohl beste „The-Band“ ohne ein „The“ vor dem Bandnamen stehen zu haben. Mittlerweile sind sie aber zu einem Nostalgieprodukt eines kurzlebigen Trends geworden. Ein Relikt verblasster Zeiten, dass eine Party zwar noch immer zum Laufen bringen, sie aber nur mehr mit viel Stottern durch 90 Minuten tragen kann.

Stotternder Motor
Im Gasometer versammeln sich Dienstagabend wohl nur mehr knapp 2000 Fans (eine genaue Zahl wurde vom Veranstalter nicht vermittelt), um sich tanzend von den Dämonen des Alltags zu befreien. Die Sitzplatzgalerie wurde gar nicht erst geöffnet, die Bars zur optischen Verstärkung zentral nach innen gezogen. Als der Sting-blonde Frontmann Alex Kapranos samt runderneuerter Besetzung pünktlich die Bühne betritt, schießt er kompromisslos scharf. Dem bekömmlichen Titeltrack des neuen Albums „Always Ascending“ folgt mit „Walk Away“ und „Do You Want To“ gleich einmal eine bekömmliche Sehnsuchtsschleife, die aber von einem völlig übersteuerten Sound ruiniert wird. Ein Problem, das hausgemacht ist und sich laut unterschiedlichen Medienberichten schon durch die ganze Tour zieht. Kapranos lächelt die „technical issues“ Gentleman-like weg, labert als geübter Entertainer über die Probleme und widmet das folgende „Glimpse Of Love“ einem/einer Danny im Publikum. Alles wieder gut, Rockkonzerte dürfen schließlich holprig sein.

Songs wie „Paper Cages“, „Lois Lane“ oder „The Academy Award“ vom brandneuen Werk zeigen aber schonungslos die Schwächen der Band auf. Einerseits sind die neuen Kompositionen zu bemüht, den alten Rock mit Keyboard-lastigen Elementen zu verbinden, andererseits ist die Live-Umsetzung mehr als dürftig. Das Fehlen des 2016 abtrünnig gewordenen Nick McCarthy ist in mehrfacher Hinsicht fatal. Der schon seit Jahren in Bayern wohnhafte Wahldeutsche sorgte früher nicht nur für einen Zusatzschub Charisma, sondern auch für deutschsprachige Kommunikation mit dem Publikum, womit er einer Show noch zum nötigen Extrapunkt Euphorie verhalf. Während ebenjener aber lieber in seiner Vaterrolle aufgeht und mit dem Lunsentrio durch die Weißwurstäquator-Beisln tingelt, ist der eher kühle Kapranos auf sich allein gestellt. McCarthy-Ersatz Dino Bardot an der Gitarre und Keyboard-Neuzugang Julian Corrie sind zwar professionell und bemüht, verkommen vor der massiven Videowall und den bunten Lichteffekten aber zu biederen Statisten.

Auf und ab
Künstler und Publikum kommen nur sehr behäbig und langsam aus ihrer Komfortzone. Oben herrscht spannungslose Routine, unten wird lieber gemächlich geschunkelt und getanzt, als euphorisch geschrien und gejubelt. So ist es dem mehrfach vergoldeten, größten Single-Hit „Take Me Out“ vorbehalten, im letzten Drittel der regulären Show das längst notwendige Feuer zu entfachen. Die unverkennbare Gitarrenmelodie und das Fehlen von Keyboards beweist, dass die alten Franz Ferdinand eben doch die beliebteren sind. Dass es auch mit elektronischen Einflüssen klappen kann, zeigt dafür das darauffolgende „Feel The Love Go“. Mit treibendem Band und verstärkter Publikumsinteraktion ziehen die Glasgower den Song auf Überlänge und versetzen ihre Fans erstmals in tranceähnliche Zustände. „Michael“ und „Ulysses“ können diesen Spannungsbogen wunderbar aufrechterhalten, den schalen Beigeschmack des Vergänglichen kann auch das starke Finish nicht vergessen machen. Ein weiteres Zeichen für den kreativen Stillstand: Eine neue Fan-Generation muss man im Publikum mit der Lupe suchen…

Ein früher Glanzpunkt versteckt sich – von einem Großteil des Publikums noch unbemerkt - im Vorprogramm. Die Dives bekamen eine halbe Stunde lang die Chance, ihre sechs Songs starke EP zu präsentieren und machten dabei eine gute Figur. Gitarristin Dora de Goederen und Bassistin Tamara Leichtfried teilen sich die Vocals schwesterlich, während Viktoria Kirner den Rhythmus für die zwischen Surf Rock, Indie Punk und Grunge mäanderten Kompositionen vorgibt. Das auf die Leinwand projizierte EP-Cover verbreitet süffisanten Gemeindebau-Chic, die Nominierung für den FM4 Amadeus Award und Auftritte vor Bilderbuch in Salzburg und Linz tun das Übrige für die rasant steigende Popularität. Bekommt das Trio noch mehr Ohrwürmer der Marke „Tomorrow“ hin, wird hierzulade bald breitenwirksam darüber getuschelt werden. Verdient wäre es allemal. Wer auf den Geschmack gekommen ist: die Dives spielen mit Mile Me Deaf, Euroteuro und Aivery am Freitag, 23. März, bei der „Siluh Birthdayparty“ im Wiener Flex. Karten gibt es unter www.psimusic.com

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