Katias Kolumne

Weiblicher Sexismus: Häme für die Holzklasse

Österreich
28.02.2018 11:55

Der Flug von Brüssel nach Wien ist bekanntermaßen eine besonders politikerbesetzte Route. So saßen vergangene Woche die steirische Landtagsabgeordnete der SPÖ, Cornelia Schweiner, und Sozial- und Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) auf besagter, knapp eineinhalbstündiger Strecke zufälligerweise nur einige wenige Sitzplätze voneinander entfernt - nah genug, um heimlich einen Schnappschuss der Ministerin zu schießen, den die SPÖ-Politikerin anschließend auf ihrer Facebook-Seite veröffentlichte.

„Und wer sitzt da hinter mir im Flieger?! Ich hab schon nach dem gesunden Kürbiskern-Schnitzerl gefragt“, kommentierte Schweiner die unfreiwillige Flugzeug-Begegnung. Ein anderer User antwortete mit Smileyuntermalung: „Die Dame schaut so gsund aus“, woraufhin die Landtagsabgeordnete - offenbar bezogen auf die Figur der blauen Politikerin - bissig nachlegte: „Und da ist es ziemlich eng für sie in der ‚Holzklasse‘.“

Ein Sturm der Entrüstung über die plumpe Entgleisung folgte. Der Klubchef der steirischen FPÖ, Stefan Hermann, bezeichnete die Aussagen als „geschmack- und respektlos“, für den Ex-BZÖ-Politiker Gerald Grosz sei die Angelegenheit ein „Fall von vornehmer und niveauvoller sozialistischer Frauensolidarität“ (Vorsicht: Sarkasmus!). Immerhin: Die SPÖ-Politikerin hat sich prompt und glaubwürdig bei der FPÖ-Ministerin entschuldigt. Das ist ihr in jedem Fall hoch anzurechnen.

Zuerst das Parteibuch, dann die Frauenrechte
Besonders entlarvend ist die stillose Bemerkung über das Aussehen einer Politikerin (die natürlich dem feindlichen, blauen Lager zugehörig ist) allerdings, wenn man bedenkt, dass gerade die SPÖ eine der großen Unterstützerparteien des jüngst gestarteten Frauenvolksbegehrens ist. Nur zwei Wochen vor dem unrühmlichen Die-Holzklasse-ist-zu-eng-Posting warb auch Schweiner um Unterstützung für einen starken Zusammenhalt der Geschlechtsgenossinnen: „Gemeinsam können wir das schaffen!“ Frauensolidarität ja bitte, aber nur, wenn es zur Parteifarbe passt.

Aber: So wie es rechten Sexismus gibt, gibt es auch linken Sexismus. Der Kampf um die Gleichstellung der Frau muss unabhängig jeder Ideologie bestehen dürfen, die Diskussion darüber ist zu wichtig, um daraus politisches Kleingeld schlagen zu wollen. Keine politische Ausrichtung besitzt ein Monopol auf Feminismus, auch wenn linksgerichtete Parteien dieses Thema gerne exklusiv für sich beanspruchen möchten.

Weiblicher Sexismus: Gegeneinander statt miteinander
Ein weiteres Phänomen, das in der Feminismusdiskussion viel zu wenig thematisiert wird, ist der sogenannte weibliche Sexismus – also wenn Frauen über das Aussehen oder die Figur von anderen Frauen vom Leder ziehen, Frauensolidarität hin oder her.

Denn auch Missgunst von Frau zu Frau und stutenbissige Querschüsse schaden der längst überfälligen Debatte um die Gleichstellung der Geschlechter. Niemand kann ernsthaft ein Verhalten – nämlich einen respektvollen, gleichgestellten und wertschätzenden Umgang miteinander – vom anderen Geschlecht einfordern, wenn er selbst nicht dazu in der Lage ist. Denn: Wer Solidarität will, muss, um glaubwürdig zu sein, zunächst selbst solidarisch sein.

Katia Wagner

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