Ist Drohung Gewalt?

Mildere Urteile wegen „Rechtsfehler“

Salzburg
21.02.2018 06:45

Es sind rechtliche Feinheiten, weswegen die obersten Richter einen Prozess-Neustart anordneten: Mit einer Schreckschusspistole überfielen zwei Männer in Salzburg-Liefering ein Wettlokal - und feuerten zwei Schüsse ab. Ist das  "unmittelbare Gewalt" oder eine "Drohung"? Diese Frage musste nun erneut geklärt werden. Fazit: Die Räuber bekamen mildere Strafen.

In dem Fall geht es um einen Raubüberfall am 22. Jänner im Wettlokal „Full House“ in Salzburg-Liefering. Der Bosnier (20) und der türkisch-stämmige Österreicher (18) haben laut Anklage das Lokal mit einer Schreckschusspistole betreten, zwei Schüsse abgefeuert (einen in die Decke und einen unghezielt Richtung Mitarbeiterin) und sind mit 8000 Euro Bargeld geflüchtet. Das Opfer, die Angestellte, erlitt eine posttraumatische Belastungsstörung, die als schwere Körperverletzung gewertet wurde.
Mitte Mai sind sie deshalb nach dem Paragraf 143 Absatz 2 StGB (schwerer Raub) schuldig gesprochen und zu fünf bzw. zwei Jahren Haft (nicht rechtskräftig) verurteilt worden. Zuvor hatten beide ein Geständnis abgelegt.

Der Jüngere legte aber Nichtigkeitsbeschwerde ein: Demnach sei bei dem Raub keine Gewalt, sondern nur eine Drohung, angewandt worden. Dies würde eine andere Strafdrohung bedeuten: statt 5 bis 15 nämlich 1 bis 15 Jahre Haft. Da beide zur Tatzeit junge Erwachsene bzw. Jugendliche waren, würde sich diese weiter verringern.

Der OGH gab der Verfahrensrüge Folge und sprach von einem „Rechtsfehler mangels Feststellungen“. Es geht um den Unterschied zwischen Gewalt und Drohung: Richtet der Täter seine Waffe direkt auf ein Opfer und drückt ab, ist von Gewalt auszugehen. Feuert der Täter, wie im genannten Fall, einen Warnschuss gen Decke ab, handelt es sich um eine Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben.
Der zweite Schuss, den der Bosnier in Richtung Opfer abfeuerte als es mit dem Rücken zu ihm stand, sei laut OGH nicht deutlich als „physische Einwirkung“ definiert worden. Und für eine schwere Körperverletzung müsste das Opfer 24 Tage Schmerzperioden haben. Angegeben wurden aber nur 22.

Am Dienstag wurde der Prozess also erneut durchgeführt - und eben jene Frage geklärt. Fazit: Der Schöffensenat reduzierte die Strafe von 5 Jahre auf vier Jahre und vier Monate, im zweiten Fall von zwei Jahre auf ein Jahr und zehn Monate Haft (nicht rechtskräftig).
Auffällig: Als mit ein wesentlicher Milderungsgrund wurde die inzwischen überlange Verfahrensdauer angerechnet.

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