Zur Lage der Nation

Ösis und Piefke: Ungleicher Geschwister-Vergleich

Österreich
07.02.2018 11:55

Während die österreichische Regierung nun schon seit gut einem Monat in Amt und Würden ist, sollte es 136 Tage nach der Bundestagswahl auch bei unseren deutschen Nachbarn endlich soweit sein. Obwohl viele schon gar nicht mehr daran geglaubt haben, haben sich die deutschen Sozialdemokraten am Mittwoch mit den Konservativen der CDU/CSU auf ein gemeinsames Regierungsprogramm geeinigt. Damit hat Deutschland nach langem Warten endlich eine neue Regierung.

"Österreich – das bessere Deutschland", titelte das Hamburger Wochenmagazin "Stern" in Anbetracht der glänzenden Wirtschaftsdaten und der niedrigen Arbeitslosenquote noch vor 13 Jahren auf seinem viel zitierten (und viel kritisierten) Cover. Was angesichts des unrühmlichen Endes und des für den Steuerzahler bitteren Nachspiels der damaligen schwarz-blauen Regierung oft vergessen wird, ist, dass die Schüssel-Haider-Ära viele konsequente und erfolgreiche Reformschritte unternommen hat, um das Land wirtschaftlich nach vorne zu bringen.

Zur Lage der Nation
Heute sieht die Lage der Nation allerdings etwas anders aus. Zwar lassen die gute Konjunktur und ihre Folgewirkungen nach langen Jahren der wirtschaftlichen Talfahrt wieder leicht aufatmen und hoffen, Grund für selbstgefällige Jubelmeldungen bieten die derzeitigen Zahlen jedoch nicht, schon gar nicht für Ex-Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern, der die guten Wirtschaftsdaten recht unbescheiden auf seine Kurzzeit-Kanzlerschaft zurückführt.

Wo Österreich vielleicht tatsächlich schon jetzt das "bessere Deutschland" ist, ist bei den relativ friktionsfrei und schnell abgelaufenen Koalitionsverhandlungen. Während die deutsche Regierungsfindung mit dem erst hoffnungsvollen, dann gescheiterten "Jamaika"-Versuch und dem anschließenden Zwang zur "GroKo" einer ungemütlichen Achterbahnfahrt mit flauem Bauchgefühl bei der Zieleinfahrt glich, üben sich unsere heimischen obersten Polit-Vertreter Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache schon seit knapp acht Wochen zumindest offiziell und trotz der ein oder anderen Turbulenz in Harmonie und friedlicher Regierungseinigkeit.

Mut kann man nicht kaufen
Doch reines Harmoniegeplänkel wird die kommenden Jahre nicht reichen. Während Deutschland nämlich das Jahr 2017 mit einem satten Überschuss im Staatshaushalt abschließen konnte und die neue Regierung das Luxusproblem genießt, zu entscheiden, wo nun wie viel Geld ausgeschüttet und wer entlastet werden soll, wird die heimische Neo-Regierung um tiefgreifende und nachhaltige Reformschritte nicht herumkommen, wenn sie aus dem zarten Konjunkturpflänzchen einen echten Aufschwung gedeihen lassen will.

Möchte Österreich nicht wie auf der Kitzbüheler Streif von Deutschland abgehängt werden, muss der Startvorteil einer solide stehenden Regierung genützt werden und schnell der Reformmut einkehren, der im Wahlkampf vollmundig versprochen wurde. Treffend analysierte der bei der Abfahrt in Kitzbühl drittplatzierte Österreicher Hannes Reichelt die Siegerstrategie des deutschen Erstplatzierten Thomas Dreßen: "Du musst hier ein bisserl das Herzerl in die Hand nehmen." Was beim Skifahren gilt, gilt auch in der Politik.

Katia Wagner

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