Holocaust-Gesetz

Präsident: „Polen hat das Recht, sich zu schützen“

Ausland
06.02.2018 22:05

Trotz internationaler Proteste hat Polens Präsident Andrzej Duda jenes umstrittene Holocaust-Gesetz unterzeichnet, das zu einer diplomatischen Krise zwischen seinem Land und Israel geführt hatte. Das Gesetz sieht Geldstrafen oder bis zu drei Jahre Haft vor, wenn jemand unter anderem "öffentlich und entgegen den Fakten" dem polnischen Volk oder Staat die Verantwortung oder Mitverantwortung für im Zweiten Weltkrieg begangene Nazi-Verbrechen zuschreibt. Duda sagte am Dienstag, dass ihm gute Beziehungen zu Israel "sehr am Herzen" liegen würden, aber Polen, das fast sechs Millionen seiner Bürger im Zweiten Weltkrieg verloren hat, das Recht habe, sich vor falschen Unterstellungen zu schützen.

Mehrfach betonte Duda, dass Polen sich nicht als Staat am Holocaust beteiligt hat und das auch gar nicht tun hätte können, da während der Besatzung durch Nazi-Deutschland kein polnischer Staat existierte. Er erinnerte an Landsleute, die Juden gerettet haben, räumte aber auch ein, dass es Kollaborateure gab, die Juden an die Besatzer ausgeliefert haben. Der Staatschef zeigte auch Verständnis für die Kritik der Israelis und betonte, er nehme diese sehr ernst. Das Verfassungsgericht solle überprüfen, ob das Gesetz die freie Meinungsäußerung gefährdet. Während der Prüfung gelten die neuen Vorschriften aber schon. Zugleich versuchte Duda, die Zweifel an dem Gesetz auszuräumen, indem er darauf hinwies, dass künstlerische und wissenschaftliche Tätigkeiten ausdrücklich von den neuen Vorschriften ausgenommen sind.

Eigene Website über deutsche Lager eingerichtet
Das polnische Justizministerium richtete im Internet eine Seite mit dem Domainnamen germandeathcampsnotpolish.com ein, auf der erklärt wird, warum das Gesetz aus Sicht der Regierung in Warschau nötig ist. "Wir können nicht zulassen, dass Polen der Sünden anderer bezichtigt wird", heißt es da. Auf der Seite gibt es unter anderem eine Karte der deutschen Konzentrations- und Vernichtungslager im besetzten Polen. Auch kann man dort den Text des Gesetzes auf Polnisch und Englisch herunterladen.

Kritik auch aus der Ukraine
Das Gesetz belastet mittlerweile auch die polnisch-ukrainischen Beziehungen. Das Parlament in Kiew verabschiedete am Dienstag eine Stellungnahme, in der es das Gesetz verurteilt und an den Präsidenten appelliert, es nicht zu unterschreiben. Das Gesetz sieht auch Strafen für die Leugnung der Verbrechen ukrainischer Nationalisten vor. In der Stellungnahme wird unter anderem kritisiert, dass ukrainische Unabhängigkeitsbestrebungen mit den Verbrechen der Nazis und der Kommunisten gleichgesetzt würden.

Die Beziehungen zwischen Polen und der Ukraine hatten sich im Vorjahr massiv verschlechtert. Hauptstreitpunkt ist die Sicht auf die ethnischen Säuberungen in der deutsch besetzten Westukraine 1943, als ukrainische Nationalisten Polen verfolgten und ermordeten. 2015 hatte die Ukraine selbst Kritik an den Handlungen ukrainischer Nationalisten zwischen 1917 und 1991 unter Strafe gestellt.

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