Vernichtendes Zeugnis:

Studie wertet Brexit als massive Wachstumsbremse

Ausland
30.01.2018 16:01

Der Brexit wird einer regierungsinternen Studie zufolge in Großbritannien auf jeden Fall für Wachstumseinbußen sorgen. Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass auch ein Freihandelsabkommen mit der EU daran nichts ändern würde. Selbst bei einer solchen Regelung würde das britische Wachstum in den kommenden 15 Jahren um fünf Prozent geringer ausfallen als derzeit prognostiziert.

Würde Großbritannien nach dem Brexit hingegen auf den Status als Drittland und somit die Standards der Welthandelsorganisation WTO zurückgeworfen, sei sogar mit acht Prozent weniger Wachstum zu rechnen. Die Studie, die dem Nachrichtenportal BuzzFeed News zugespielt wurde, besagt, dass sich praktisch für alle Bereiche der Wirtschaft auf der Insel durch den Brexit negative Folgen ergeben würden.

Studie: Chemie- und Autoindustrie stark vom Brexit betroffen
Besonders stark wären demnach die Chemie- und Autoindustrie sowie die Bekleidungsbranche und der Einzelhandel betroffen. Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon sagte, die Studie mache deutlich, dass der EU-Ausstieg allen Regionen des Vereinigten Königreichs wirtschaftlichen Schaden bringen werde. 

Interner Bericht untersucht drei mögliche Szenarien
Die Studie "EU Exit Analysis" vom Jänner 2018 untersucht drei der wahrscheinlichsten Brexit-Szenarien - und kommt zu dem Ergebnis, dass jedes von ihnen volkswirtschaftlichen Schaden anrichten würde. Sollte Großbritannien im europäischen Binnenmarkt verbleiben, würde das Wirtschaftswachstum demnach in den kommenden 15 Jahren um zwei Prozent unter den aktuellen Vorhersagen liegen. Bei einem umfassenden Freihandelsabkommen mit der EU werde das Wachstum um fünf Prozent niedriger ausfallen. Sollte kein Abkommen abgeschlossen werden, würde sich das Wachstum um acht Prozent verringern, zitierte Buzzfeed aus der Studie.

Regierungskreise: "Studie lediglich ein früher Entwurf"
Aus Regierungskreisen wurde das Papier hingegen lediglich als "früher Entwurf" laufender Analysen bezeichnet. Der vorliegende Text enthalte noch "eine erhebliche Anzahl an Widersprüchen", sagte eine Regierungsquelle nach Bekanntwerden der Studie. Es müsse noch viel getan werden, bis die Analyse genutzt werden könne. Sie befasse sich lediglich mit Standardszenarien und nicht mit der "tiefen, besonderen Partnerschaft", die die Regierung mit der EU anstrebe. Die Nachricht über den Bericht kommt unmittelbar vor einer dreitägigen Chinareise von Premierministerin Theresa May mit einer großen britischen Handelsdelegation. Gleichzeitig beginnt das britische Oberhaus seine Prüfung des EU-Austrittsgesetzes, einem der Grundpfeiler der Brexit-Gesetzgebung.

May immer stärker unter Druck
Die Enthüllung dürfte die Spannungen innerhalb der Regierung in London weiter verstärken. May steht sowohl vonseiten der Brexit-Hardliner als auch von den EU-freundlichen Kräften in ihrer Partei unter enormem Druck. Seit Tagen wird in der Presse über ihren bevorstehenden Sturz durch Brexit-Befürworter spekuliert. Auf Gegenwind muss sich May auch im überwiegend proeuropäischen Oberhaus einstellen. Dort sollte am Dienstag das EU-Austrittsgesetz in die zweite Lesung gehen.

Chris Leslie, Abgeordneter der oppositionellen Labour-Partei sowie Mitglied der proeuropäischen "Open Britain"-Gruppe, forderte die Veröffentlichung des vollständigen Berichts. Die Öffentlichkeit solle sehen können, "was für Auswirkungen der Brexit haben wird", sagte Leslie. Der Brexit-Befürworter und Abgeordnete der regierenden Konservativen, Jacob Rees-Mogg, sagte unterdessen, die Ergebnisse der Studie seien "im höchsten Maße spekulativ".

EU-Gesetze gelten nach offiziellem Austritt noch 21 Monate 
Die EU hatte am Montag den Startschuss für die nächste Stufe der Verhandlungen über den Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union gegeben. Die 27 Mitgliedsländer einigten sich auf eine gemeinsame Position für die Gespräche über eine Übergangsphase. Demnach sollen in den 21 Monaten nach dem Austritt im März 2019 im Vereinigten Königreich weiter alle EU-Gesetze gelten. Im Gegenzug darf Großbritannien in der Übergangszeit Teil des 500 Millionen Menschen starken EU-Binnenmarktes und der Zollunion bleiben. Das soll Unternehmen mehr Planungssicherheit geben.

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