Nazi-Liederbuch

Burschenschaft: Verantwortlicher suspendiert

Österreich
25.01.2018 12:25

Die Burschenschaft "Germania zu Wiener Neustadt" hat nach Auftauchen eines Lieberbuches mit Nazi-verherrlichenden Inhalten nun erste personelle Konsequenzen gezogen. Jenes Mitglied, das für die Neuflage des umstrittenen Buches im Jahr 1997 verantwortlich sein soll, sei mittlerweile identifiziert und suspendiert worden. Der Mann werde sich den Behörden stellen, teilte die Burschenschaft Donnerstagfrüh mit. Die Staatsanwaltschaft hat 19 Liederbücher und zwei Ordner mit Unterlagen sichergestellt. Wegen des NS-Liederbuches steht der FPÖ-Spitzenkandidat für die niederösterreichische Landtagswahl, Udo Landbauer, seit Tagen unter Beschuss - Rücktrittsforderungen inklusive. Landbauers Mitgliedschaft bei der "Germania" ist derzeit ruhend gestellt.

Der Verantwortliche sei bei einer Versammlung am Mittwochabend identifiziert worden. Die Burschenschaft betonte erneut, dass bei allen Liederbüchern, die sich im Besitz des Vereins befinden, die entsprechenden Liedtexte geschwärzt seien. "Dennoch bleibt weiterhin Gegenstand der Untersuchung, warum es offensichtlich dieses vorliegende Liederbuch gibt." Experten des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung prüfen, ob die Vorwürfe bereits verjährt sind. Nationalsozialistische Wiederbetätigung nach Paragraf 3g des NS-Verbotsgesetzes verjährt nach zehn Jahren, das Liederbuch wurde aber bereits 1997 veröffentlicht. Geklärt werden muss also, ob die fraglichen Lieder seither propagandistisch verwendet wurden.

In dem besagten Liederbuch werden der Judenmord und das Naziregime verherrlicht. Wörtlich heißt es dort: "Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: 'Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million'", und weiter "Da schritt in ihre Mitte ein schlitzäugiger Chines': 'Auch wir sind Indogermanen und wollen zur Waffen-SS.'"

Burschenschaft: Texte "widerlich, abartig und jenseitig"
Die Burschenschaft bezeichnete die NS-Texte als "widerlich, abartig und jenseitig" und teilte mit, "jegliche Verherrlichung und Verharmlosung von Verbrechen der NS-Diktatur" abzulehnen. Die Verbindung unterstütze "jede Maßnahme der Behörden, die zur Aufklärung beiträgt", so der stellvertretende Obmann Philip Wenninger. Seinen Angaben zufolge soll bis Herbst eine Neuauflage des Buches in Angriff genommen werden, die dann auch offiziell bei der Nationalbibliothek hinterlegt werden soll. Die Neuauflage sei ohnehin schon seit Jahren geplant, so Wenninger gegenüber der APA: "Vielleicht schaffen wir eine größere Finanzierung durch die Medienberichterstattung."

Kickl schließt Ermittlungen gegen Landbauer aus
FPÖ-Innenminister Herbert Kickl hält unterdessen Ermittlungen, die direkt gegen seinen Parteikollegen geführt würden, für ausgeschlossen. "Er hat seine Position klargelegt. Er war zu diesem Zeitpunkt, als dieses Buch in Umlauf gebracht wurde, glaube ich, elf Jahre alt. Er ist viel später in diese Verbindung eingetreten und hat sich auch ab dem Moment, wo er von diesen Dingen Kenntnis erhalten hat, unmissverständlich und klar distanziert. Da hat er ja nichts an Klarheit vermissen lassen", sagte Kickl am Donnerstag vor dem EU-Innenministerrat in Sofia. Es sei "festzuhalten, dass diese Texte selbstverständlich völlig inakzeptabel sind. Das hat auch die Freiheitliche Partei in der Vergangenheit immer gesagt", so Kickl. Es gebe "null Toleranz gegenüber Rechtsextremismus und Nationalsozialismus".

Opposition tobt wegen Kickls "Einmischung in laufende Ermittlungen"
Die Opposition zeigte sich über Kickls Aussagen zur Causa entsetzt. SPÖ und NEOS forderten den FPÖ-Minister auf, sich aus den Ermittlungen herauszuhalten. "Es ist unfassbar, dass Herbert Kickl offenbar meint, für seinen Gesinnungsgenossen Udo Landbauer Partei ergreifen zu müssen", so SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher. "Es ist erschütternd, dass man Kickl offenbar das Prinzip der Gewaltentrennung erklären muss. Aber in Demokratien führt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen und nicht der Innenminister", sagte Lercher. Und: "Dass Sebastian Kurz so jemandem das Innenministerium anvertraut, muss er selbst verantworten."

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