Hochegger vor Gericht:

„Meischberger wollte mich von Geständnis abhalten“

Österreich
10.01.2018 16:44

Ex-Lobbyist Peter Hochegger bringt die im Buwog-Strafprozess ebenfalls angeklagten Karl-Heinz-Grasser und Walter Meischberger immer mehr in die Bredouille. Am neunten Prozesstag gab er am Mittwoch während seiner Befragung durch die Staatsanwälte bekannt, dass unmittelbar vor seinem Teilgeständnis Meischberger an ihn herangetreten sei. Im Zuge eines kurzen Wortwechsels habe Meischberger - da er wusste, was bald passieren würde - zu ihm gesagt: "Das kannst du doch nicht machen. Wir liegen doch so gut." "Nein, es gibt kein 'Wir'", habe Hochegger darauf geantwortet und seinen Entschluss in die Tat umgesetzt.

Unter Tränen erklärte Hochegger am Mittwoch, dass er seit seinem Entschluss, zu gestehen, nun keine Depressionen, Ängste und Schlafstörungen mehr habe. Er sei von seinem Rechtsvertreter für das Geständnis gelobt, aber auch über die juristischen Konsequenzen belehrt worden. Dass er damit eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren riskiere, sei ihm sehr wohl bewusst, aber er habe mit der Vergangenheit abschließen müssen. Und schließlich sei jeder für sich selbst verantwortlich. Ein "Wir", wie es Meischberger meinte, gebe es "sicher nicht", so Hochegger.

Dass er mit seinen Aussagen nicht nur sich selbst, sondern auch andere belaste, "liegt in der Natur der Sache", hatte Hochegger bereits am Dienstag gegenüber Richterin Marion Hohenecker gesagt. Nach einer "Reise des Lernens", wie er seine Therapie nach einem 2010 attestierten Burn-out bezeichnete, sei er aber zum Schluss gekommen, dass er seine bisherigen Falschaussagen berichtigen und sich geständig zeigen sollte.

Auf die Frage des Staatsanwaltes, warum die Provisionen nicht über Hocheggers Firma Valora, sondern über das Ausland abgerechnet wurden, sagte Hochegger, ein Grund von vielen sei gewesen, dass seine Nähe zu Grasser ein Problem sein hätte können. Für eine Nähe von Grasser und ihm hätte es damals schon genug Hinweise gegeben, etwa Medienberichte darüber oder eine gemeinsam organisierte Roadshow im Jahr 2002.

Firmengründungen auf Zypern aus Steueroptimierungsgründen
Die weiteren Fragen des Staatsanwaltes bezogen sich auf die Zahlungsströme über diverse im Ausland gegründete Gesellschaften - etwa Astropolis auf Zypern und die US-Gesellschaft Omega. Über diese Gesellschaften wurden die aus der Buwog-Privatisierung bezogenen Provisionen auf drei Konten in Liechtenstein verteilt. Hochegger sagte, er habe sich bei der Gesellschaftsgründung der Astropolis und anderer Firmen auf Zypern auf Experten verlassen, die das Ganze errichtet hatten. Einer der Gründe sei die steuerliche Optimierung gewesen. Auf Zypern sei er lediglich ein einziges Mal gewesen. Unterschriften, die zu leisten waren, habe er stets geleistet, so Hochegger.

Wie man eine Frage richtig formuliert?
Zu einem indirekten "Streitgespräch" zwischen Verteidiger Norbert Wess und den beiden Staatsanwälten Alexander Marchart und Gerald Denk artete die Befragung Hocheggers durch das Anwälteteam Grassers aus. Immer wieder musste Wess seine Fragen umformulieren, da er Bezug auf die Powerpoint-Präsentation des Anklagevortrags nahm. Dies sei aber kein Beweismittel, wie sowohl die Anklage als auch Richterin Hohenecker mehrmals betonten. Die Richterin musste auch immer wieder zur Ordnung rufen. "Gut, dann frage ich anders", antwortete Wess ein ums andere Mal. Inhaltlich drehten sich die Fragen um den sogenannten gemeinsamen Tatplan der Angeklagten Grasser, Meischberger, Hochegger und Ernst Plech. Zu dieser "Theorie" konnte Hochegger aber seinen Angaben zufolge keine Wahrnehmungen machen. Ähnliche Antworten lieferte der Befragte zu den Vorgängen rund um die Bieterrunden im Buwog-Vergabeverfahren bzw. eine mögliche Einflussnahme durch den damaligen Finanzminister.

Grassers zweiter Verteidiger, Manfred Ainedter, stellte dann jene Frage, die von vielen Beobachtern bereits erwartet worden war: Hochegger habe bei rund 20 Einvernahmen schon oft die Unwahrheit gesagt, aber diesmal soll es die Wahrheit gewesen sein? "Die unwahren Aussagen habe ich korrigiert. Bei einigen Jahreszahlen hatte ich mich geirrt, wie ich später feststellen musste", ließ sich Hochegger nicht beirren. Der 68-jährige Angeklagte blieb auch bei seiner Aussage, dass er von Meischbergers Bankberater den Hinweis zu den drei Konten in Liechtenstein bekommen habe, von denen eines Grasser gehört habe. Auch Ainedters Versuche, diese Episode unglaubwürdig erscheinen zu lassen ("Ein Ihnen kurz vorher unbekannter Banker zeigt Ihnen so einen Zettel gleich beim zweiten Treffen? Das ist fast absurd."), brachten Hochegger nicht aus der Ruhe. Während sich selbst der Jurist ein Schmunzeln nicht verkneifen konnte, blieb Hochegger ernst und betonte, so sei es eben gewesen.

"Erleuchtung" oder "offene Rechnung"?
So recht scheinen Grassers Anwälte nicht an die Version des "geläuterten Peter Hochegger" zu glauben, der während seiner Kur nach einem Burn-out und später in Indien die "Erleuchtung" hatte. Und so feuerten sie nach den anfänglichen Schwierigkeiten mit der Fragestellung eine Granate nach der anderen in Richtung Hochegger: Da waren erstens zeitliche Unstimmigkeiten bezüglich der Gründung der drei "Provisionskonten" in Liechtenstein. Ainedter erklärte mittels Kontoeröffnungsdokumenten, die an die Wand projiziert wurden, dass die beiden Konten "Natalie" und "Karin" erst nach dem Treffen mit Meischbergers Bankberater gegründet worden seien. Daher habe Hochegger diese Skizze mit den drei Konten von dem Bankangestellten nicht bekommen können. Zweitens wurde dem Viertangeklagten vorgeworfen, noch eine "offene Rechnung" mit Grasser und Co. zu haben. Dies stellte Hochegger in Abrede und erklärte, dass vor Prozessbeginn der Ex-Finanzminister sogar an ihn herangetreten sei mit den Worten: "Peter, das gewinnen wir."

Ebenfalls brisant ist ein Schriftstück aus dem Jahr 2016, das dem Anwälteteam Grassers offenbar anonym zugespielt wurde. In diesem bittet der Anwalt Karl-Heinz Plankel, der Hochegger damals in anderen Fällen vertreten hatte, bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft um einen Besprechungstermin. Obwohl dieses Gespräch tatsächlich stattgefunden hatte und laut Wess eine mögliche Kronzeugenregelung besprochen worden sei, gab Hochegger an, von diesem Schreiben nichts gewusst zu haben. "Um es auf den Punkt zu bringen: Ich habe zu keinem Zeitpunkt mit der Justiz über eine Sonderregelung und Kronzeugenregelung geredet. Und mein Anwalt ist der Herr Leonhard Kregcjk. In Hirtenberg habe ich die Vollmacht unterschrieben, dass er meinen Fall übernimmt." In der dortigen Justizanstalt hatte Hochegger seine Strafe, die er in einem Telekom-Prozess erhalten hatte, abgesessen.

Ob es nicht vielmehr eine Strategie sei, hier einen Deal zu erreichen, da auch noch ein anderes Strafverfahren gegen den Ex-Lobbyisten anhängig sei, fragte Wess. Daraufhin lautete die knappe, aber bestimmte Antwort Hocheggers: "Ihre Schlussfolgerung ist falsch."

Rüge für Ainedter wegen "Smalltalk" mit Schöffen
Ainedter sorgte am Rande des Strafprozesses mit einer versuchten Kontaktaufnahme zu einigen Schöffen für gehörigen Wirbel. Mehrere Schöffen gaben die Versuche, die Ainedter lediglich als "Smalltalk" bezeichnete, gegenüber Richterin Hohenecker bekannt. Diese erteilte daraufhin zu Beginn des Prozesstages dem Strafverteidiger eine Rüge: "Auch Smalltalk ist nicht erlaubt", betonte die Richterin.

Bereits fünf Schöffen ausgefallen
Auffallend ist, wie rasch sich die Reihen bei den Schöffen lichten. Von den ursprünglich zwölf Laienrichtern sind inzwischen nur noch sieben übrig. Sollten noch sechs von ihnen ausfallen, dann platzt der Prozess, da zumindest zwei von Anfang bis Ende den Prozess mitverfolgen müssen, um dann mit den Berufsrichtern zu urteilen. Angesetzt ist der Prozess für rund ein Jahr. Von den fünf nunmehr ausgeschiedenen Schöffen sind vier krankheitsbedingt und einer wegen einer Verspätung ausgefallen. Zum Verständnis: Die Schöffen müssen an allen Prozesstagen jeweils die ganze Verhandlungszeit im Gericht sein - womit ein einmaliges Fehlen reicht, um vom Senat ausgeschieden zu werden. Ebenfalls nicht zur Verhandlung erschienen war der 14. Angeklagte, der Schweizer Vermögensberater Norbert Wicki, der sich krankheitsbedingt entschuldigen ließ.

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