Jenny getötet

Mutter von Mordopfer: „Er soll die Wahrheit sagen“

Österreich
06.01.2018 08:24

Am 11. Jänner beginnt in Innsbruck der Prozess gegen Nogori R. Im Februar 2017 soll er seine Schwiegertochter Jennifer ermordet und in den Inn geworfen haben. In der "Krone" spricht jetzt die Mutter des Opfers. Über die Chronik eines angekündigten Todes.

Ein paar Säcke und Taschen, zwei Kisten, Fotoalben, gestapelt im Schlafzimmer ihrer Münchner Wohnung. "Das ist alles", schluchzt Verica O., "was mir von meinem Mädchen geblieben ist." Die Frau beginnt in den Hinterlassenschaften zu wühlen, streicht sanft über ein rotes Kleid, "das Jenny so gern getragen hat", zeigt Schatullen mit Swarovski-Schmuck, "sie liebte Kristalle". Und sie sieht sich Bilder von ihrer Tochter an. Jennifer, mit einer Schultüte. Jennifer, als Teenager, im Dirndl. Jennifer, schon erwachsen, lachend in einem Blumenbeet sitzend: "Sie war einmal sehr glücklich."

"Sie schlug den falschen Weg ein"
Hier, in Deutschland, wo sie aufgewachsen ist, in behüteten Verhältnissen, mit drei Brüdern. Sie, "unsere kleine Prinzessin". Ein Mädchen, das seiner Familie nie Probleme bereitete, brav in der Schule lernte und später eine Lehre zur Schuhverkäuferin machte. "Jenny ging oft aus, sie hatte viele Freundinnen, führte ein schönes Leben. Und sie hätte eine wunderbare Zukunft haben können. Aber sie schlug den falschen Weg ein“, sagt die Mutter, "und ich schaffte es nicht, sie davon abzubringen."

Damals, im April 2012. Als Bekannte, wie Familie O. rumänischstämmige Serben, die nach Tirol ausgewandert waren, zum Kaffeetrinken kamen. Ihre Tochter sei zu diesem Zeitpunkt in einer schlechten psychischen Verfassung gewesen, ihr Vater war wenige Monate davor gestorben, "ständig hatte sie mir seitdem über einen Traum erzählt. Von einem Mann, der ihr den Schmerz wegnehmen würde. Und als Micha vor unserer Tür stand, wurde sie ganz bleich. 'Mama, ihn, genau ihn, habe ich im Schlaf gesehen', flüsterte sie mir zu."

"Jenny wollte unsere Warnungen nicht hören"
Jennifer, gerade 21, noch Jungfrau, verliebte sich in den Fremden, "und er sich leider auch in sie". "Meine Söhne und ich waren von ihm wenig begeistert und noch weniger von seinen Eltern", erinnert sich Verica O. Warum? "Weil sie uns alle so kalt schienen. Aber Jenny wollte unsere Warnungen nicht hören."

Briefe und Blumen, einige Treffen. Im März 2013 die Hochzeit und Jennifers Umzug nach Wörgl. "Gleich wurde sie schwanger." Die Geburt eines Buben, 2014 kam ein zweiter Sohn zur Welt. "Ich habe meine Tochter oft in ihrer neuen Heimat besucht und merkte, wie sie zunehmend trauriger wurde." Warum? "Sie durfte kaum alleine außer Haus, und nach einem Jahr Ehe begann ihr Mann, sie zu betrügen."

"Ihr Leben in Tirol war grauenhaft"
"Dauernd habe ich meine Tochter zu überreden versucht, sich scheiden zu lassen und wieder zu mir nach München zu ziehen", so die 49-Jährige. "'Nein, Mami, das ist nicht möglich', gab sie mir immer zur Antwort, 'weil ich dann meine Kinder verlieren würde.'"

Jennifers "Fehler": "Sie begann, Fluchtpläne zu schmieden. Mit ihren Söhnen - denn von ihnen hätte sie sich niemals getrennt." War das ihr Todesurteil? "Am 2. Februar 2017, um 10 Uhr", schluchzt Verica O., "habe ich zum letzten Mal mit Jenny telefoniert. Wir redeten über ein Treffen, auf das wir uns beide sehr freuten."

SMS von Prepaid-Handy verschickt
Laut Gerichtsakt steht fest: Im Anschluss an das Gespräch fuhr die junge Frau mit dem Zug nach Kundl, wo sie in einem Pharmaunternehmen als Reinigungskraft tätig war. Zum Dienstschluss um 18 Uhr wartete ihr Schwiegervater Nogori R. (43) mit seinem Taxi vor der Firma. Die 27-Jährige stieg in den Wagen. Wenige Stunden später bekam Verica O. eine SMS von einer ihr unbekannten Mobiltelefonnummer: "Ich habe mich neu verliebt. Bitte such nicht nach mir. Jenny." Bald stellte sich heraus, dass Nogori R. Prepaid-Handys gekauft und damit in Jennifers Namen Nachrichten verschickt hatte. Er wurde verhaftet - und behauptete, nichts zu wissen über das Schicksal seiner Schwiegertochter.

"Ich hoffte und hoffte"
Verica O.: "Mein Verstand sagte mir, dass etwas Fürchterliches geschehen sein musste. Mein Herz wollte das nicht glauben. Und ich hoffte und hoffte." Bis zum 1. April. Als Jennifer tot im Inn gefunden wurde, "und meine Welt zusammenbrach".

Nun beginnt der Mordprozess gegen Nogori R.: "Ich werde im Gerichtssaal sein, ihm in die Augen sehen und sagen, dass er endlich die Wahrheit sagen soll." Jennifers Ehemann Micha lebt mittlerweile mit einer neuen Frau zusammen, die zwei Buben bei seiner Mutter. Verica O. kämpft ums Sorgerecht für die Kinder: "Ich werde nicht ruhen, bis sie bei mir sind. Das bin ich Jenny schuldig."

Martina Prewein, Kronen Zeitung

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