Post von der „Krone“

Werter Herr Präsident der Vereinigten Staaten!

Ausland
30.12.2017 06:00

Werter Herr Präsident! Ich darf Donald sagen. Also: Selten hast du nun ärger bewiesen, wie oft du einst in der Schule gefehlt hattest, als in deinem Spott über die Erderwärmung bei Rekordkälte in den USA.

Nebenbei gesagt: Auch deine energieverschwendenden Landsleute haben ja ein Problem, die steigende Zahl von „Naturphänomenen“ wie Hurrikans und arktische Fröste in einem kausalen Zusammenhang zu erkennen.

Fangen wir also ganz einfach von vorne an: Mit der Schmelze der Polkappen (Stichwort: Grönlandeis) erhöht sich global die Feuchtigkeit der Atmosphäre. Das führt zur Ausbildung von aggressiven Tiefdruckgebieten. (Das sind die komischen Spiralen auf der Wetterkarte.)

In subtropischen Gebieten entlädt sich die Energie auf kleinstem Raum in Form von Hurrikans, Taifunen oder wie man sie sonst noch nennt. Die zerstörerische Kraft steigt mit der Meereserwärmung, die die Feuchtigkeit abgibt.

In den Gebieten nördlich davon weiten sich solche Wirbel auf immer größere Räume aus: die Monster-Tiefs.

Tiefdruckwirbel drehen sich auf der nördlichen Halbkugel entgegen dem Uhrzeigersinn. Sie ziehen auf der „linken“ Seite die kalte Luft von „oben nach unten“, auf der „rechten“ Seite die Warmluft nach „oben“.

Es kommt zu großen Temperaturschwankungen in kurzer Zeit. Im Sommer kann es immer heißer werden und im Winter sehr frostig, wenn die Polarluft nach Süden ausbricht. Die Zeiten, in denen man in unseren Schulatlanten Europa als „gemäßigte Zone“ bezeichnete, sind wohl vorbei.

Der aggressive Luftmassenaustausch vollzieht sich im globalen Maßstab. Wenn auf der einen Seite der Erdhalbkugel die Kälte durchbricht, dann ist es auf der anderen Seite die Wärme. Zurzeit haben wir bei uns warme Silvester und in den USA das frostige Gegenstück.

Donald, die Lage ist viel zu ernst für Scherze! Auch „America first“ darf nicht bedeuten, dass man keinen Blick mehr über den Tellerrand hinaus wirft.

Zur Nachhilfe sei dir der Film „The Day after Tomorrow“ aus 2004 empfohlen. Darin geht es um Wissenschaftler, die vergeblich vor den vielfältigen Auswirkungen des Klimawandels, etwa der Abkühlung des Golfstroms, warnen – bis es zu spät ist. Es bildet sich auf der nördlichen Halbkugel ein Monster-Tiefdruckgebiet, das die USA in kürzester Zeit erst überschwemmt (Flutwelle in New York) und dann unter einem dicken Eispanzer begräbt. Der ignorante US-Präsident versucht, in der „Airforce One“ zu entkommen, überlebt aber nicht.

Regisseur Roland Emmerich hätte sich 2004 vermutlich nicht träumen lassen, dass 2017 ein US-Präsident tatsächlich spottet: „Wo bleibt die Erderwärmung? Zieht euch lieber warm an!“

Kurt Seinitz, Kronen Zeitung

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