Schweinegrippe

“Wir haben rasch gewusst, dass es gut ausgeht”

Österreich
03.05.2009 16:36
Die erste und einzige österreichische Patientin, bei der das Schweinegrippe-Virus festgestellt worden ist, ist eigentlich keine "Patientin" mehr: Die 28-jährige gebürtige Guatemaltekin hat am Samstag bereits wieder das Spital verlassen dürfen. Sie ist laut ihrem Arzt Christoph Wenisch (im Bild bei der Verabschiedung der jungen Frau, die anonym bleiben möchte) virenfrei und vollständig genesen. "Wir haben rasch gewusst, dass es gut ausgehen wird", so der Infektionsspezialist. Das Gesundheitsministerium meldete sich indes mit einer neuen Lagebetrachtung. Die Infektionskette sei "nicht so explosionsartig" wie befürchtet, die Melde-Verordnung wirke, hieß es.
Die 28-Jährige, die in Oberösterreich lebt, erzählte beim Interviewtermin bei ihrer Spitalsentlassung, dass sie sich vermutlich in einem Transferflug, der über Mexiko ging, angesteckt haben dürfte. Nach zwei Tagen medikamentöser Behandlung konnten bereits keine Viren mehr in ihrem Körper nachgewiesen werden. Die junge Frau, die bereitwillig über die letzten Tage sprach, aber anonym bleiben möchte, reiste am Donnerstag der Vorwoche über Mexiko nach Miami. "In dem Flugzeug saßen zahlreiche Mexikaner", sagte sie. Bald danach habe sie erste Symptome gespürt. "Es hat sich wie eine Grippe angefühlt." Entweder im Flugzeug oder am Airport dürfte sie sich angesteckt haben, vermutete sie.

Weder am Flughafen noch in der Maschine sei vor der neuen Influenza-Art gewarnt worden, berichtete die Frau: "Es hat auch niemand Schutzmasken aufgehabt." Am Montagabend kam sie dann nach Wien zurück, noch in der Nacht begab sie sich in Behandlung ins Kaiser-Franz-Josef-Spital. "Nach einem Tag haben sie mir dann gesagt, es ist positiv", schilderte die 28-Jährige am Samstag.

Ihr sei bewusst gewesen, dass es sich um einen neuen Virus handle, durch den auch Menschen ums Leben gekommen sei. Allerdings sei es auch so, dass jene, die leider gestorben sind, nicht jene Behandlungsmöglichkeiten gehabt hätten wie in Wien.

"Sie ist mit hundertprozentiger Sicherheit nicht infektiös!"
Der Frau sei sofort mit dem Neuraminidase-Hemmer Oseltamivir behandelt worden, schilderte der behandelnde Arzt, der Abteilungsleiter der Medizinischen Abteilung für Infektions-und Tropenmedizin, Christoph Wenisch. Bereits am Donnerstag habe sie keine Viren mehr ausgeschieden, nach weiteren vier Tests bestätigte sich dies endgültig und sie konnte das Spital verlassen.

"Wir können mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass sie nicht infektiös ist." "Es ist doch so, dass es wie eine gewöhnliche Grippe verläuft", erläuterte Wenisch den Krankheitsverlauf. Es sei erfreulich, dass die Medikamente so gut gewirkt hätten. "Nach der zweiten Tablette ist es ihr schon bessergegangen. Dass es gut ausgeht, haben wir recht rasch gewusst."

Die Schilderungen Wenischs decken sich mit den neuesten Erkenntnissen von US-Wissenschaftern, die am Samstag leichte Entwarnung bezüglich der Gefährlichkeit des Virustyps H1N1 gaben. Er weise nicht dieselben tödlichen Eigenschaften auf wie der Erreger der katastrophalen Spanischen Grippe von 1918/19. "Wir sehen nicht die Merkzeichen für die Virulenz, die in dem Virus von 1918 festgestellt wurden", sagte die Grippeexpertin Nancy Cox von US-Zentrum für Seuchenkontrolle und Prävention. 

Medikamente nicht "abgelaufen", Verordnung wirkt
Es gibt eine langsame Steigerung der Fälle in Europa, die Verordnung des Gesundheitsministeriums bezüglich der Meldung von Personaldaten von Mexiko-Reisenden wirkt, die in Österreich eingelagerten Grippe-Medikamente für den Fall einer Pandemie sind nicht "abgelaufen" - so fasste am Samstag der Generaldirektor für die öffentliche Gesundheit, Hubert Hrabcik, die aktuelle Situation zusammen und räumte gleichzeitig mit Gerüchten auf.

"In Europa haben wir eine langsame Steigerung der Fälle. Es gibt in Europa auch die ersten sekundären Infektionen ohne Reisebezug mit Mexiko. Das sind bisher zwei in Großbritannien, einer in Deutschland und einer in Spanien", sagte Hrabcik. Weiterhin sei der Kernpunkt der Krankheitswelle aber in Mexiko und den USA sowie in Kanada. Aus den USA seien bisher 131 Fälle gemeldet worden, aus Kanada 51.

Weiterhin gilt, dass Österreich für den Fall der Fälle soweit wie möglich vorgesorgt hat. Etwa die Hälfte der Bevölkerung könne aus Vorratslagern mit den antiviralen Medikamenten "Tamiflu" und "Relenza" versorgt werden. Der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit: "Die Behauptung, dass die antiviralen Medikamente 'abgelaufen' (Verbrauchsfrist) wären, ist falsch. Wir wissen, dass die Haltbarkeitsfrist auf sieben Jahre verlängert worden ist."

Infektionskette "nicht so explosionsartig" wie befürchtet
Aufgrund der langsamen Weiterverbreitung in verschiedenen Staaten sollen Personen mit einem Verdacht nunmehr auch danach befragt werden, ob sie in der jüngsten Vergangenheit nicht nur in Mexiko sondern eventuell auch in benachbarten Ländern wie den USA oder Kanada gewesen wären. Hrabcik: "Es gibt zum Beispiel einen positiven Fall in Dänemark, wo sich der Betreffende nur in New York im Stadtteil Queens aufgehalten hat. Zwar registriere man international bei diesen Sekundärfällen eine gewisse Infektionskette, diese verlaufe aber offenbar "nicht so explosionsartig", wie man das befürchtet hätte.

Die mit Freitag, 0.00 Uhr, in Kraft getretene Verordnung bezüglich der Übermittlung der Personendaten von Mexiko-Reisenden durch die Fluglinien ist offenbar effektiv. Hrabcik: "Da muss man sich bei den Fluglinien bedanken. Die Kooperation ist ausgezeichnet." Eventuell in Österreich aus Mexiko ankommende Reisende sollen am Flughafen kontaktiert werden. Bisher war das aber noch nicht notwendig. Für Transatlantik-Reisende der Austrian Airlines gibt es mittlerweile bereits ein Merkblatt, dass sie sich bei verdächtigen Gesundheitsbeschwerden melden sollten.

Virus für Impfstoffproduktion in Österreich
Unterdessen ist am Sonntag das Virus im Forschungszentrum des Pharma- und Biotech-Konzerns Baxter in Orth/Donau in Niederösterreich eingetroffen. "Einen Impfstoff könnte es ab dem Vorhandensein eines 'Saatvirus' (für die Zellkulturen in der Produktion, Anm.) dann in acht bis zwölf Wochen geben", sagte Hrabcik. "Wir müssen aber alle dran bleiben. Nur so können wir Infektionsketten abbrechen."

Der Experte richtete einen dringenden Appell an die Angehörigen des Gesundheitswesens und die Öffentlichkeit: "Es ist bei weitem noch nichts vorbei. Wir müssen weiter konzentriert arbeiten. Im Gegensatz zu den Influenza-Pandemien der Jahre 1957 und 1968 haben wir erstmals die Mittel, um überall in Europa auch Einzelfälle der neuen Grippe zu erfassen. Wir spüren die 'Nadel im Heuhaufen' auf. Damit können wir die Infektionsketten kappen."

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