Brutal behandelt

Schuhwerfer verklagt Sicherheitsbeamte

Ausland
22.12.2008 12:49
Der als Schuhwerfer bekannt gewordene irakische Journalist Montasser al-Saidi hat Sicherheitsbeamte der Regierung in Bagdad wegen Körperverletzung verklagt. Die Männer arbeiteten für den Sicherheitsdienst des Pressezentrums der irakischen Regierung und hätten den Fernsehjournalisten nach seiner Festnahme geschlagen und brutal behandelt, sagte Saidis Anwalt Dhija al-Saadi am Sonntag. Dem 29-Jährigen fehle ein Zahn, sein linkes Auge sei blutunterlaufen und er habe mehrere Blutergüsse. Die Spuren der Misshandlungen werden seinen Angaben zufolge durch zwei medizinische Gutachten bestätigt. Unterdessen wurde am Montag bekannt, dass der Prozess gegen Saidi am 31. Dezember beginnt.

Saidis Bruder hatte die Sicherheitskräfte zuvor beschuldigt, dem Journalisten einen Arm und mehrere Rippen gebrochen zu haben. Der Journalist sei "bei bester Gesundheit", sagte hingegen Untersuchungsrichter Kenani. Er habe bei seinen Vernehmungen nicht den Eindruck gehabt, dass Saidi einen Armbruch erlitten habe. In seinem Gesicht seien jedoch Spuren von Schlägen zu sehen gewesen.

Prozess beginnt am 31. Dezember
Am Montag wurde bekannt, dass der Prozess gegen Montasser al-Saidi am 31. Dezember beginnt. Die irakische Staatsanwaltschaft wirft ihm nun "Aggression gegen ein ausländisches Staatsoberhaupt" vor. Das entsprechende Gesetz aus dem Jahr 1969 sieht eine Haftstrafe von fünf bis 15 Jahren vor. Es wurde allerdings noch nie angewandt.

"Abschiedskuss, du Hund!"
Saidi hatte vor einer Woche bei einer Pressekonferenz in Bagdad seine Schuhe in Richtung von US-Präsident George W. Bush geschleudert und gerufen: "Dies ist dein Abschiedskuss, du Hund!" Der 29-Jährige wurde daraufhin festgenommen. Mitschnitte der Szene sorgten international für Furore und wurden vor allem in der arabischen Welt bejubelt.

Mehr zum Schuhwurf findest du in der Infobox!

Uneinigkeit im Parlament
Täglich gehen in Bagdad und im Nordirak Menschen auf die Straße, um für die Freilassung ihres "Helden Montasser" zu demonstrieren. Die Mitglieder der Regierungsparteien der Schiiten und Kurden fordern dagegen seine Bestrafung. Am Mittwoch vergangener Woche hatte der Parlamentsvorsitzende Mahmoud al-Mashhadani mit seinem Rücktritt gedroht, nachdem die Parlamentarier in einer chaotischen Sitzung über den Fall gestritten hatten. Mashhadani brach die Parlamentssitzung tags darauf nach kurzer Zeit wieder ab, weil die Abgeordneten wieder nur über den Fall Saidi diskutiert hatten.

Bedauern über "hässliche Tat"
Noch am selben Tag hatte Saidi den irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki um Verzeihung für seine Tat gebeten und Bedauern über seine "hässliche Tat" geäußert, berichtete der TV-Sender Al-Arabiya am Donnerstagabend. Er habe Al-Maliki gebeten, ihm zu verzeihen "wie einem Sohn, der seinen Vater um Vergebung bittet". Ein Sprecher des Regierungschefs wollte sich nicht dazu äußern, ob Al-Maliki die Entschuldigung angenommen habe. Er verwies vielmehr darauf, dass das Verfahren gegen den Journalisten noch laufe.

Schuhe mittlerweile zerstört
Die Schuhe sind nach Justizangaben bei den Ermittlungen zerstört worden. Das Schuhpaar sei auf Sprengstoff untersucht und dann vernichtet worden, sagte der zuständige Ermittlungsrichter. Zwar hätten die irakischen und US-Experten die übrige Bekleidung und das Handy Saidis nach der Überprüfung zurückgeschickt, nicht aber die Schuhe. Die weiteren Ermittlungen würden durch das Fehlen der wichtigsten Beweisstücke nicht behindert, betonte der Richter. Saidi habe ja gestanden, und es gebe auch Fernsehbilder vom Schuhwurf.

Saidis Anwalt Diyaa al-Saadi kritisierte die Zerstörung der Schuhe. Diese hätten einen großen Wert und seien für die Iraker zum Symbol des Widerstands geworden: "Diese Schuhe waren heilig", sagte der Jurist.

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