Bettel-Verbot

Fälle von bettelnden Kindern gehen “gegen Null”

Wien
17.12.2008 16:19
Sechs Monate nach dem Verbot von Betteln mit Kindern tendiert die Zahl der gemeldeten Fälle "gegen Null", sagte Peter Goldgruber von der Sicherheitspolizei. 2007 seien noch 90 bis 100 "Bettelkinder" unterwegs gewesen, vor allem rund um Weihnachten, berichtet Norbert Ceipek von der "Drehscheibe Augarten", einem Krisenzentrum für "unbegleitete minderjährige Fremde". Das seit Juni geltende Bettelverbot mit Kindern habe sich rasch in deren Heimatländern herumgesprochen. Ceipek: "Derzeit gibt es vielleicht noch zehn Bettelkinder in Wien."

Bereits in den ersten Wochen nach Inkrafttreten war die Zahl der gemeldeten Fälle laut Polizei schlagartig zurückgegangen. Das liege jedoch nicht ausschließlich an den drohenden Verwaltungsstrafen für jene, die Minderjährige zum Betteln anstiften, betonte Gerald Tatzgern vom Büro Schleppereibekämpfung im Bundeskriminalamt. Österreich habe zusätzlich ein Informationsnetzwerk mit den Hauptherkunftsländern der Bettelkinder (Rumänien, Slowakei) aufgebaut. Werden Kinder aufgegriffen, geht die Meldung an die jeweilige Botschaft und von dort an die zuständigen Sozialbehörden. Das dürfte laut Tatzgern und Ceipek auch der Grund dafür sein, dass allem Anschein nach auch keine Verschiebung der Kinderbettelei in andere österreichische Städte stattgefunden hat.

Betteln mit vier, Taschendiebstahl mit sechs Jahren
Bettelei mit Kindern im großen Stil gab es in der Bundeshauptstadt laut Jugendsozialarbeiter Ceipek erst seit 2004. Ostslowakische Banden seien mit den Kindern oft täglich mit der S-Bahn von Bratislava nach Wien gependelt, rumänische Organisationen hätten die Kinder zum Übernachten in Autos oder Substandardwohnungen gezwungen. Den klassischen "Werdegang" beschrieb Ceipek so: Ab vier Jahren werden die Kinder von Älteren im Betteln "trainiert" und lernen zugleich, wie man dabei in einem günstigen Moment etwas stehlen kann. Ab sechs Jahren wird Taschendiebstahl zur eigentlichen Hauptaufgabe.

Die Hälfte der Kinder ist alleine unterwegs
Die Einführung des Kinder-Bettelverbots war von scharfer Kritik karitativer Organisationen und der Grünen begleitet. Eines der Argumente: Das Verbot diene nicht dem Wohl der Kinder, weil diese dadurch von den mit ihnen gemeinsam bettelnden Müttern getrennt würden. Jugendsozialarbeiter Ceipek widerspricht dem allerdings: 50 Prozent seien nicht mit den Eltern da.

In den übrigen Fällen könne nicht verifiziert werden, ob die Erwachsenen tatsächlich wie behauptet mit den Kindern verwandt seien. Ceipek: "Doch auch bei den Eltern wäre es ein schweres Vergehen, ein Kind zu zwingen auf der Straße zu sitzen statt in die Schule zu gehen." Laut Tatzgern wurden Bettelkinder in der Vergangenheit außerdem oft mit Alkohol oder Tabletten ruhig gestellt, damit sie - egal bei welcher Witterung - stundenlang an einer Stelle verharrten: "Das ist jetzt aber zu Ende."

Bis zu 700 Euro Verwaltungsstrafe oder Gefängnis
Ein Erwachsener, der Minderjährige "zum Betteln, in welcher Form auch immer, veranlasst oder diese bei der Bettelei mitführt", muss eine Verwaltungsstrafe von bis zu 700 zahlen oder bei Zahlungsunfähigkeit bis zu einer Woche ins Gefängnis. Beim ersten Verstoß sind zwischen 70 und 100 Euro fällig, das erbettelte Geld wird auf jeden Fall eingezogen. Eigene Bettel-Kontrollen gibt es nach Angaben der Wiener Polizei nicht, diese sind Teil der normalen Polizeistreifen.

Weiterhin verboten bleibt auch organisiertes oder aggressives Betteln. Ein generelles Bettelverbot lehnt die SPÖ-Stadtregierung hingegen ab.

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