Abgeschmettert

EU-Parlament lehnt Arbeitszeit-Richtlinie ab

Ausland
17.12.2008 17:16
Das Europaparlament hat den Plan der EU-Regierungen zurückgewiesen, unter bestimmten Voraussetzungen die Wochenarbeitszeit auf bis zu 65 Stunden auszuweiten. Die Abgeordneten in Straßburg votierten mit breiter Mehrheit dafür, die Höchstarbeitszeit in der EU bei 48 Stunden zu belassen. Ausnahmen von der Regel sollen nach dem Willen des EU-Parlaments nach drei Jahren auslaufen. Vor der mit Spannung erwarteten Abstimmung wurde das EU-Klimaschutzpaket mit großer Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten sprachen sich außerdem mehrheitlich dafür aus, dass der gesamte Bereitschaftsdienst, einschließlich inaktiven Zeit, als Arbeitszeit angesehen wird. Im Gegensatz dazu sieht der EU-Ministerrat die inaktive Zeit während des Bereitschaftsdienstes nicht als Arbeitszeit an, sofern nicht in bestimmten Rechtsvorschriften, in Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern etwas anderes vorgesehen ist.

Der Beschluss des Europaparlaments bedeutet, dass über den Beschluss der EU-Regierungen vom Juni neu verhandelt werden muss. Dazu ist ein langwieriges Vermittlungsverfahren zwischen dem EU-Ministerrat und dem EU-Parlament nötig.

Richtlinie ist Zugeständnis an Großbritannien
Die EU-Staaten haben sich im Juni nach mehr als drei Jahren darauf verständigt, dass unter bestimmten Bedingungen eine Erhöhung der normalen Wochenarbeitszeit von 48 auf bis zu 65 Stunden möglich sein soll und mit Sozialpartner-Vereinbarung noch mehr. Die weitreichenden Ausweitungen der Arbeitszeit waren ein Zugeständnis an Großbritannien, das bisher die EU-Arbeitszeitregeln überhaupt nicht anwendet.

Außerdem wurde vereinbart, dass Phasen "inaktiver Bereitschaft - also wenn ein Arzt zwar im Spital ist, aber schläft - nicht als Arbeitszeit gerechnet werden. Nach zwei Urteilen des Europäischen Gerichtshofs, wonach auch Bereitschaft als Teil der Arbeitszeit zu gelten hat, verstoßen derzeit fast alle EU-Staaten - auch Österreich - insbesondere im Gesundheitswesen gegen EU-Recht. Mit dem geänderten EU-Gesetz würde der Status quo in den heimischen Krankenhäusern nicht verändert, sondern nur legalisiert.

Austro-Abgeordnete begrüßen Ablehnung
Die österreichischen Europaabgeordneten Othmar Karas (ÖVP) und Harald Ettl (SPÖ) begrüßten die Ablehnung der Position der EU-Staaten. Ettl sprach von einem "großen Erfolg für ein soziales Europa". Der Plan der EU-Regierungen hätte "eine Verschlechterung der Arbeitszeitregelung gebracht". Der SPÖ-Abgeordnete hatte im Vorfeld der Abstimmung Gewerkschaftsproteste gegen die neue Arbeitszeitrichtlinie unterstützt.

"Wir wollen eine faire und bestmögliche Lösung für die Arbeitszeitregelung. Eine gemeinsame europäische Regelung ist notwendig, damit im Binnenmarkt die gleichen Rahmenbedingungen herrschen und Mindeststandards eingeführt werden", erklärte Karas in einer Aussendung. "Dabei steht für den ÖVP-Europaklub der Schutz der Arbeitnehmer ebenso im Vordergrund wie die Wahrung einer wirtschaftlich notwendigen Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung."

EU-Klimapaket mit breiter Mehrheit angenommen
Vor der Abstimmung wurde das von den Staats- und Regierungschefs vergangene Woche vereinbarte EU-Klimapaket mit breiter Mehrheit angenommen. Die verschiedenen Gesetzestexte zum Ausbau erneuerbarer Energien, zum künftigen Emissionshandel ab 2013, zur nationalen CO2-Reduktionsverpflichtungen bei Verkehr und Gebäuden sowie zu Klimaauflagen für Neuwägen wurden mit Mehrheiten von etwa zwei Drittel der Europaabgeordneten oder mehr verabschiedet. Das EU-Klimaschutzpaket sieht vor, dass die EU den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2020 um 20 Prozent gegenüber 1990 reduziert. Der Anteil erneuerbarer Energien wie Wind-, Wasser-, Solarkraft soll von EU-weit derzeit 8 Prozent auf 20 Prozent aufgestockt werden. Österreich muss ein Ziel von 34 Prozent Erneuerbaren bis 2020 erreichen.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele