Fekter macht Ernst

Humanitäres Aufenthaltsrecht ist auf Schiene

Österreich
10.12.2008 15:33
Die Neuregelung des humanitären Aufenthaltsrechts für Zuwanderer nimmt Konturen an. Innenministerin Maria Fekter hat am Mittwoch einen entsprechenden Begutachtungsentwurf verschickt, dessen Beschluss im Parlament noch im ersten Quartal 2009 erfolgen soll. Bei Altfällen wie beispielsweise Mutter und Tochter Zogaj könnte dann der Aufenthalt erreicht werden, wenn der Landeshauptmann dem zustimmt und eine Patenschaft vorliegt. Bei neueren Fällen sollen humanitäre Aspekte bereits im normalen Aufenthalts- bzw. Asylverfahren geprüft werden. Der VfGH hatte zuletzt eine Reparatur des humanitären Aufenthaltstitels verlangt, dabei allerdings eine eigene Beantragungsmöglichkeit vorgeschlagen.

Fekter geht dennoch davon aus, mit dieser Neuregelung den Anforderungen des Verfassungsgerichtshofs nachzukommen. Der hatten den bisherigen Modus vor allem auch deswegen gekippt, weil das Innenministerium das Bleiberecht nur quasi gnadenhalber vergeben konnte. Auf dieser Basis wurde ein eigenes Antragsrecht vorgeschlagen, die entsprechende Reparatur muss bis 31. März 2009 erfolgen. Die Innenministerin geht davon aus, dass sich dies nach sechs Wochen Begutachtung und einem Ministerratsbeschluss Anfang des Jahres ausgehen wird.

Ältere Fälle sollen Landeshauptleute entscheiden
Grundsätzlich wird nach Fekters Vorschlag zwischen jenen Personen, die mindestens seit 1. Jänner 2003 im Land sind, und allen anderen Zuwanderern unterschieden. Bei den Altfällen wird den Ländern die Möglichkeit gegeben, einen Beirat einzurichten, der dann eine Empfehlung abgeben kann, dass eine bestimmte Person im Land bleiben kann, auch wenn die anderen Verfahren alle negativ verlaufen waren. Allerdings muss selbst bei einem Ja des Beirats der Lebensunterhalt gesichert sein, weshalb eine Patenschaft die Grundvoraussetzung für das Bleiberecht ist.

Die Letztentscheidung über die Niederlassung trifft somit in humanitären Fällen künftig der Landeshauptmann. Das Innenministerium wird nur noch informiert, ist also nicht mehr dafür verantwortlich, ob ein ehemalige Asylwerber aus humanitären Gründen im Land bleiben darf. Verpflichtet sind die Länder freilich nicht, solch einen Beirat einzuführen.

Verfahren soll zukünftig humanitären Titel mitprüfen
Bei allen "jüngeren" Fällen wird es keine Möglichkeit mehr geben, nach den Verfahren noch auf einen humanitären Aufenthaltstitel zu hoffen. Denn humanitäre Gründe sollen bereits im Verfahren an sich stärker berücksichtigt werden. Das war zwar schon seit 2003 bis zu einem gewissen Grad der Fall, nun kommen auch noch exakt festgelegte Parameter zur Prüfung dazu. Das sind unter anderem strafgerichtliche Unbescholtenheit, tatsächliches Bestehen eines Familienlebens, Schutzwürdigkeit des Privatlebens, Grad der Integration, aber auch Bindungen zum Herkunftsstaat.

Ergibt das Verfahren, dass kein Recht auf Asyl oder subsidiären Schutz vorliegt, gibt es somit noch eine weitere Möglichkeit zum Aufenthalt, nämlich aus humanitären Gründen. Genauso geht es übrigens auch bei illegal Aufhältigen, bei deren Ausweisungsverfahren ebenfalls der humanitäre Aspekt geprüft werden muss. Nämliches gilt bei legal in Österreich befindlichen Personen, die einen Antrag auf Aufenthalt stellen.

Länder zurückhaltend, Kritik von Caritas und FPÖ
Eher zurückhaltend haben die Länder auf ihre neuen Möglichkeiten beim Bleiberecht reagiert. Ein vorsichtig positiver Kommentar kam aus Salzburg, das orange regierte Kärnten und Wien wollten sich inhaltlich noch gar nicht äußern. Kritik an der von Innenministerin Maria Fekter geplanten Neuregelung kam von der Caritas und der FPÖ - wenngleich aus gänzlich unterschiedlichen Gründen.

Einen Beirat zur Prüfung alter unerledigter Fälle hält Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller für "vorstellbar". Die Beurteilung der Integration im Einzelfall dürfe aber nicht an einer Patenschaft oder an der Dauer des Aufenthalts hängen, sondern habe wesentlich mit der Bereitschaft der betroffenen Menschen zur Integration, dem reibungslosen Schulbesuch der Kinder oder etwa einer klaren Transparenz über mögliche Kriminalitätsfälle zu tun. Die Würde eines Menschen hänge unter anderem von seinen eigenen Möglichkeiten ab, selbst für den Lebensunterhalt zu sorgen, so Burgstaller. Das trage im Übrigen auch entscheidend zur Akzeptanz von Asylwerbern in der österreichischen Bevölkerung bei.

Vorerst zurückhaltend hat Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler am Mittwoch auf den Vorschlag von Ministerin Fekter reagiert. Er wolle sich den Begutachtungsentwurf anfordern und anschauen. Erst dann sei er zu einer Stellungnahme bereit, ließ Dörfler über seine Büroleiterin Gerhild Hubmann ausrichten. Offiziell sei der Entwurf noch nicht in der Kärntner Landesregierung eingelangt.

In Wien unterstrich man im Ressort der für Asylwerber zuständigen Sozialstadträtin Sonja Wehsely, dass man bisher vom Innenministerium in dieser Sache nicht kontaktiert worden sei, sondern die Existenz des Begutachtungsentwurfs aus den Medien entnommen habe. "Wir werden uns diesen im Rahmen des Begutachtungsverfahrens ansehen und uns dann äußern", so ein Wehsely-Sprecher.

Konkreter äußerte sich schon die Caritas, und das sehr kritisch. "Waren Fremde früher von der Gnade des jeweiligen Innenministers abhängig, so sind sie es in Zukunft von jener privater Personen. Das ist ein weiterer Rückbau des Rechtsstaates", sagte Caritas-Präsident Franz Küberl zu den geplanten Patenschaften. Nötig wäre "endlich" ein transparentes, einem Rechtsstaat würdiges Verfahren zur Regelung des humanitären Bleiberechts.

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky deponierte, dass die Freiheitlichen überhaupt gegen ein humanitäres Bleiberecht seien. Fekters Pläne seien auch so völlig untragbar. Dass bei den Altfällen den Ländern die Entscheidungsmöglichkeit gegeben werde, sei absurd. Denn theoretisch könne dann ein und derselbe Sachverhalt neunmal unterschiedlich entschieden werden. Außerdem sei es nicht einzusehen, dass die Altfälle überhaupt bessergestellt würden als die neuen Asylfälle.

Korun: Kompliziertes System kann Rechtsstaat nicht ersetzen
Die Grüne Menschenrechtssprecherin Alev Korun meinte, dass die Regierung am "Gnadenakt" festhalte. Der Entwurf entspreche nicht der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes. Ein kompliziertes System aus Kann-Bestimmungen, Beiräten und Patenschaften könne den Rechtsstaat nicht ersetzen. Ähnlich äußert sich die Diakonie. Auch deren Direktor Michael Chalupka meint, dass der Vorschlag dem Spruch der Verfassungsrichter nicht gerecht werde. Neuerlich werde kein rechtsstaatliches Verfahren eingezogen. Scheinbar plane die Regierung wieder einmal eine Regelung zu beschließen, bei der bewusst die neuerliche Verfassungswidrigkeit in Kauf genommen werde. Kritisiert wird von Chalupka ferner, dass die humanitäre Verpflichtung der Republik Österreich mit den Patenschaften auf Private abgewälzt werden solle.

SPÖ: Vernünftige Anregungen werden berücksichtigt
Lob kam hingegen vom Koalitionspartner SPÖ. Der Entwurf zur Neuregelung des humanitären Bleiberechts entspreche dem, was SPÖ und ÖVP im Regierungsübereinkommen ausgemacht hätten, erklärte Sicherheitssprecher Otto Pendl. Vernünftige Anregungen, die im Begutachtungsverfahren kämen, würden aber sicher noch berücksichtigt, hieß es in Richtung Opposition.

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