Keine Streiks mehr?

Weihnachtsfrieden bei Post in greifbarer Nähe

Österreich
12.12.2008 13:23
Bei der Post steht nach turbulenten Tagen ein Weihnachtsfrieden vor der Tür. Im Aufsichtsrat haben sich Management und Belegschaftsvertreter am Donnerstag auf ein Vier-Punkte-Programm geeinigt, das allerdings noch den Segen der erweiterten Betriebsratsversammlung am kommenden Montag benötigt - und vor allen Dingen die Hilfe der Politik und der Wirtschaftskammer. Demnach soll der Gesetzgeber im künftigen Postmarktgesetz für eine ausreichende Finanzierung für die Post-Infrastruktur sorgen. Weiters soll ein Branchen-Kollektivvertrag kommen, um Konkurrenz durch Dumpinglöhne bei privaten Anbietern zu vermeiden.

Der zentrale Punkt drei des Abkommens sieht eine "enge Abstimmung" zwischen Betriebsrat und Vorstand bei "wirtschaftlichen Maßnahmen" des Unternehmens vor. Und last but not least sollen "Alternativen zu allfälligen Postämterschließungen bzw. Auslagerungen von Zustell- und Sortierleistungen im Bereich Brief an Private gemeinsam gesucht werden". Dieser Prozess solle "ehestmöglich" abgeschlossen sein.

Wais und Fritz erleichtert
Nach der Sitzung war sowohl Post-Chef Anton Wais wie auch Gewerkschaftsboss Gerhard Fritz die Erleichterung über die (vorläufige) Einigung anzusehen. Wais meinte vor Journalisten: "Mit dem beschlossenen Budget für 2009 hält die Post weiterhin am richtigen Kurs in Richtung fairer Spielregeln am Postmarkt für das Jahr 2011 fest, in dem jeder Kunde gleich viel wert ist und alle Konsumenten den gleichen Preis zahlen." 2009 sei jedenfalls mit einem Umsatzanstieg zu rechnen.

Personalabbau nur durch natürliche Fluktuation
Um zu sparen, sollen in nächster Zeit rund 1.000 Arbeitsplätze durch natürliche Fluktuation und im Rahmen des bisherigen Sozialplans abgebaut werden. Ziel sei es jedenfalls, dass die Personalkosten nicht weiter steigen, betonte der Post-Boss. Außerdem soll konzernweit der Sparstift angesetzt werden. Konkrete Maßnahmen nannte Wais nicht.

Das Budget 2009 wurde ohne die Stimmen der Belegschaftsvertreter im Aufsichtsrat beschlossen, Zustimmung gab es hingegen zu dem Vier-Punkte-Programm. Fritz sprach davon, dass es nun wieder eine "Perspektive" gebe und man nun in die Planung der Sparmaßnahmen eingebunden sei. "Wir haben nun die Möglichkeit mitzureden", so Fritz.

"Die Post nimmt allen was"
Der Protest der Postgewerkschaft gegen die ursprünglich geplanten Sparmaßnahmen des Managements hat indes zahlreichen Westösterreichern am Donnerstag eine verspätete Postzustellung beschert. In der Nacht hatte die Fraktion Christlicher Gewerkschafter in Tirol, Salzburg und Vorarlberg Verteilerzentren lahmgelegt und damit die Post an ihrer empfindlichsten Stelle getroffen. Auch in Wien hat die Postgewerkschaft am Donnerstag lautstark ihrem Ärger über das geplante Sparprogramm Luft gemacht. Rund 300 Postler bejubelten dabei ÖBB-Postbus-Belegschaftsvertreter Robert Wurm, der meinte: "Einen Finger kann man brechen, aber nicht eine ganze Faust."

Das Video von den Protesten in Wien gibt's in der Infobox!

Er meinte, Post-Chef Anton Wais habe "die Menschlichkeit über Bord geworfen". Auf einem Transparent stand - in Anspielung auf den Post-Werbeslogan - zu lesen: "Die Post nimmt allen was." Zumindest den Mitarbeitern des Postamtes neben der Postzentrale in der Wiener Postgasse brachten die protestierenden Mitarbeiter was: Eine halbe Stunde Zwangspause, da das Amt blockiert wurde.

Massive Verspätungen bei der Zustellung
Der Warnstreik im Verteilzentrum in Hall in Tirol wurde am Donnerstagmorgen um etwa 5 Uhr früh beendet, das Verteilzentrum Wals-Siezenheim, wo täglich 1,5 Millionen Briefsendungen und 30.000 Pakete abgefertigt werden, wurde laut Post-AG-Sprecher Michael Homola bis circa 8.30 Uhr bestreikt. Das bedeutete, dass es für 340.000 Haushalte in Salzburg, dem angrenzenden Oberösterreich und der Steiermark zu massiven Verzögerungen in der Postauslieferung kam. In Tirol und Vorarlberg hat es Verspätungen um bis zu zwei bis drei Stunden gegeben. In Salzburg gelangten, da in Wals die Blockaden deutlich länger dauerten, nur rund 60 Prozent der Tagesmengen überhaupt zur Zustellung.

Die Ausdehnung des Warnstreiks, der am Mittwochabend um 22.00 Uhr im Verteilerzentrum Wals begann, sollte Aufsichtsrat und Postmanagement klar vor Augen führen, dass die Belegschaftsvertretung auch zum Äußersten bereit sei, sagte der Vizechef der Post-Gewerkschaft, Manfred Wiedner. Der Streik kommt in einer besonders heiklen Zeit, schließlich stellt die Post vor Weihnachten doppelt so viele Sendungen zu wie sonst. Pikant: Die Mehrheitsfraktion der Postler-Gewerkschaft, die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter, hat bei der Verteilzentren-Aktion gar nicht mitgemacht, was einmal mehr das angespannte Verhältnis zwischen den beiden "Reichshälften" widerspiegelte.

Warnstreiks in 90 Postämtern am Mittwoch
Am Mittwoch hatte die Post-Gewerkschaft mit einem Warnstreik gegen die Sparpläne begonnen, der aber keine großflächigen Auswirkungen auf die Tätigkeit der Post hatte. In österreichweit genau 90 Postämtern wurde der Schalterbetrieb über Stunden komplett ausgesetzt. In Wien und Niederösterreich wurden je neun Postämter zeitweise geschlossen, in der Steiermark haben Streikposten ganze 30 Filialen besetzt. Die weiteren Bundesländer: Salzburg 17, Kärnten 6, Tirol 6, Burgenland 5, Vorarlberg 4, Oberösterreich 4.

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