100 Milliarden Euro

EU billigt Österreichs Bankenhilfspaket

Österreich
11.12.2008 13:16
Die EU-Kommission hat nun auch formell das 100 Milliarden Euro schwere österreichische Banken-Hilfspaket abgesegnet. Nach "intensivem Austausch" mit den österreichischen Behörden entspreche das Hilfsprogramm zur Stabilisierung des Finanzmarktes durch Garantien, Kapitalspritzen und Darlehen an Kredit- und Versicherungsinstitute nun den EU-Regeln, teilte Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes (Bild) mit. Von den 100 Milliarden Euro sind rund 15 Milliarden als Eigenkapitalhilfen für die Banken vorgesehen, 75 Milliarden als Garantien für Interbanken-Kredite. Laut Staatsschuldenausschuss wird das Hilfspaket die Staatsverschuldung stark erhöhen, das Maastricht-Limit von 60 Prozent wird dadurch schon heuer überschritten.

Nun, so heißt es, müssen in Österreich rasch die vertraglichen Details für die Unterstützung der einzelnen Banken fixiert werden. Einige Institute haben noch rasch ihre ausständigen Organbeschlüsse zu fällen. "Es ist der erklärte Wille der EU-Finanzminister gewesen, der Branche zu helfen. Deshalb werden auch in Österreich alle in dieses Paket reinpassen", hieß es in Brüssel. "Keine Auflage wird irgendwen umbringen". Die EU-Wettbewerbskommissarin sei, trotz der stärkeren Risikoberechnung in den Bandbreiten, von ihrer anfangs harten Linie abgerückt.

Am Dienstagabend haben in Wien die Bankenvertreter beraten. Es wird erwartet, dass das ursprünglich für die Erste Group in Wien ausgehandelte Modell mit dem Bund in Wien in einigen Details weiter verhandelt werden muss. Allerdings gebe es laut informierten Kreisen so viele Klauseln, Hebel und Ausnahmeregeln, dass sich im Grunde keine grundlegende Abweichung gegenüber bisherigen Plänen ergeben sollte. Als eine der Auflagen stellt sich Wien vor, dass Banken, die Staatsgeld beanspruchen, davon abgebracht werden sollen, ihr Geld lieber bei der EZB zu veranlagen statt Unternehmen und den anderen Instituten als Geld zur Verfügung zu stellen. Forciert werden soll in jedem Fall die Kreditvergabe.

Banken nehmen neuen Text unter die Lupe
Im Kern ging es im Streit mit der EU bis zuletzt um die Höhe der Verzinsung, eine Beschränkung von Dividenden an Altaktionäre und Anreize für eine rasche Abschichtung nach Ende der Finanzkrise. Details über die Einigung wurden am Mittwoch in Brüssel selbst nicht bekannt gegeben. Die Großbanken wollten sich mit Kommentaren vorerst weiter zurückhalten, erst den neuen Text aus Brüssel studieren. Bisher sickerte zu den neuen Details durch:

Staatliches Kapital an finanziell gesunde Banken muss generell mit mindestens 7 bis 9,3 Prozent verzinst sein. Bei stimmrechtslosem PS-Kapital, wie es in Österreich gehandhabt wird, beginnt es aber erst bei 9,3 Prozent. Der Zinssatz kann niedriger sein, wenn die Rückzahlung am Ende höher als 100 Prozent des Nominales ist (Besserungsklausel) oder wenn sich Private mitbeteiligen. Die Höhe richtet sich freilich auch nach Bonität und Zustand der Bank. Scheitern sollte am "Zustand" einer Bank die Unterstützung aber nicht, wird in Österreich auf entsprechenden "politischen Willen" verwiesen. Die billigen 7 Prozent gibt es nach EU-Definition für "Vorzugsaktien mit Fixverzinsung". Das gibt es in Österreich jedoch nicht und wäre auch nicht als Kernkapital anzurechnen, sondern hätte Fremdkapitalcharakter. Als Faustregel gilt: Je näher am Eigenkapital, desto höher die Verzinsung. Deshalb beginnt es bei PS-Kapital bei 9,3 Prozent. Auf 8 Prozent runter ginge es, wenn die Abschichtung zu 110 Prozent erfolgt, oder wenn mindestens 30 Prozent Privatbeteiligung an der PS-Aufnahme erfolgt. Altaktionäre dürfen nur mit 10 Prozent mitzeichnen.

Nach fünf Jahren steigt der Zinssatz schrittweise, um sicherzustellen, dass die Staatsbeteiligung nicht zur Dauereinrichtung wird, sondern nach Ende der Krise wieder abgeschichtet wird. Ab dem 5. Jahr soll der Zinssatz um einen halben bis ganzen Prozentpunkt pro Jahr steigen.

Eine Dividenden-Ausschüttung an die Alt-Aktionäre wird mit 17,5 Prozent des ausschüttungsfähigen Gewinns beschränkt, für die ganze Zeit, während die staatliche Stützmaßnahme läuft. Wenn es mehr als 30 Prozent private Beteiligung - von Altaktionären oder Privaten -  an den Kapitalmaßnahmen gibt, gilt diese Ausschüttungs-Beschränkung nicht. Der von den Österreichern heftig bekämpfte gänzliche Dividendenverzicht ist weg.

Verlängerung nach sechs Monaten muss gemeldet werden
Wie sämtliche anderen Banken-Hilfspakete in der EU muss das österreichische Programm neuerlich in Brüssel vorgelegt werden, wenn es für länger als die geplanten sechs Monate aufrecht bliebe. Danach muss es alle sechs Monate einen Bericht an die EU-Kommission geben, um sicherzustellen, dass die Hilfen nicht länger als notwendig gewährt werden.

Nahezu alle Großbanken dürften formal vorstellig werden
In Österreich wird erwartet, dass praktisch alle Großbanken und "systemrelevanten" Banken in der einen oder anderen Form auf das Banken-Hilfspaket zugreifen werden. Geoutet haben sich Erste Group, Volksbanken (ÖVAG) und die Hypo Group Alpe Adria, die RZB hat bereits einen Rahmenbeschluss, von Bank Austria und BAWAG gibt es bisher keine Entscheidungen, sie werden in der Finanzbranche in den nächsten Tagen erwartet. Wüstenrot hat ebenfalls schon aufgezeigt. Es werden aber auch noch andere Kandidaten gesehen. Sollte der 15-Milliarden-Topf für Eigenkapitalhilfen nicht reichen, kann wie berichtet auf den 75-Milliarden-Garantietopf zugegriffen werden. Ganz vom Staat aufgefangen wurde bisher die Kommunalkredit.

Hilfspaket wird Staatsverschuldung stark erhöhen
Das Banken-Hilfspaket wird die Staatsverschuldung deutlich in die Höhe schnellen lassen. Würden die 15 Milliarden Euro für die Rekapitalisierung in vollem Maße ausgeschöpft werden - wovon auszugehen sei -, würde die Verschuldung schon heuer die Maastricht-Grenze von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) übersteigen, geht aus einer Simulation des Staatsschuldenausschusses hervor, die von Präsident Bernhard Felderer bei einer Pressekonferenz am Mittwoch präsentiert wurde. In der Hochrechnung geht der Ausschuss davon aus, dass von dem staatlichen 15-Milliarden-Eigenkapitalpaket jeweils 7,5 Milliarden Euro 2008 und 2009 wirksam werden.

Durch die gesamt 15 Milliarden Euro - Felderer geht sogar von mehr aus ("die 15 Milliarden werden eher knapp werden") - werden die Gesamtschulen Österreichs 2013 im Vergleich zu 2008 um 53 Milliarden Euro von 165 auf 217,7 Milliarden Euro bzw. von 58 auf 65,7 Prozent des BIP steigen. Die Verzinsung des Partizipationskapitals an den Bund ist laut Ausschuss im Budgetpfad der Regierung schon enthalten.

Die Zinszahlungen des Staates wiederum würden sich von 7,6 auf 9,3 Milliarden Euro erhöhen. Ohne das Hilfspaket würden die Staatsschulden im heurigen Jahr 165 Milliarden ("nur" 58 Prozent des BIP) betragen und sich bis Ende der Legislaturperiode 2013 auf 203,5 Milliarden oder 61,5 Prozent des BIP erhöhen.

Zur Veranschaulichung hat der Staatsschuldenausschuss die Zinszahlungen den Sozialausgaben gegenübergestellt: Diese betragen 2008 rund 9 Milliarden Euro. Das zeige, dass die Zinszahlungen eine enorme Rolle spielen, so Felderer, der von einer "beträchtlichen" Zunahme an Verschuldung sprach. Er warnte davor, die Schulden außer Acht zu lassen.

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