OGH-Entscheidung

Wienerin in Grundrecht auf Freiheit verletzt!

Wien
03.12.2008 15:11
Eine 28-jährige Wienerin ist in ihrem Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt worden, weil sie vom Straflandesgericht erst 14 Tage nach Verhängung der U-Haft erstmals zum Tatverdacht vernommen wurde. Das hat der Oberste Gerichtshof (OGH) festgestellt.

Die Frau soll mit zwei Bekannten einen jungen Mann in seiner Wohnung überfallen haben, der ihnen zuvor angeblich Drogen gestohlen hatte. Am 13. Juli wanderte das Trio deshalb in Untersuchungshaft, wobei die Frau zu diesem Zeitpunkt kaum ansprechbar war. "Sie gibt an, gerade erst geweckt worden zu sein, offenbar steht die Beschuldigte unter starken Medikamenten. Sie nickt bereits zu Beginn der Vernehmung ein. Eine Vernehmung zum Sachverhalt erscheint nicht möglich", hielt der Journalrichter protokollarisch fest.

Vernehmung erst nach zwei Wochen
Die U-Haft wurde mit Tatbegehungs- und Wiederholungsgefahr begründet. Die Frau wurde allerdings erst zwei Wochen später im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Haftprüfung vernommen und gefragt, ob sie sich zu den Vorwürfen - die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen schweren Raubes - überhaupt schuldig bekenne. Die Haft wurde darauf hin fortgesetzt, wogegen die 28-Jährige beim Oberlandesgericht Beschwerde erhob, der aber nicht entsprochen wurde.

Grundrechtsbeschwerde beim OGH eingebracht
Daraufhin brachte der Anwalt der Verdächtigen eine Grundrechtsbeschwerde ein, in der er eine Verletzung der Strafprozessordnung (StPO) geltend machte. Er verwies auf eine Bestimmung, derzufolge jeder festgenommene Beschuldigte vom Gericht unverzüglich nach seiner Einlieferung in die Justizanstalt zu den Voraussetzungen der Untersuchungshaft zu vernehmen ist. Dass dies bei seiner Mandantin bei der regulären Haftverhandlung erst nachgeholt wurde, sei verfassungswidrig.

Der OGH pflichtete dieser Ansicht bei. Eine dem Gericht übergebene Person müsse "ohne Verzug vom Richter zur Sache und zu den Voraussetzungen der Anhaltung" vernommen werden: "Dadurch soll dem Beschuldigten die Möglichkeit gegeben werden, zu den Vorwürfen in der Sache und zur Frage des Vorliegens von Haftgründen Stellung zu nehmen, seinen Standpunkt darzulegen und zu seiner Verteidigung Zweckdienliches zu beantragen und anzuregen."

"Verletzung des Grundrechts auf Freiheit"
Ist bei der Einlieferung in die Justizanstalt die Befragung unmöglich, muss laut OGH der Betreffende "zum ehest möglichen Zeitpunkt nach Wiedereintritt seiner Vernehmungsfähigkeit" vernommen werden. Im diesem Fall erscheine es anhand der Aktenlage unwahrscheinlich "dass dies in den 14 Tagen zwischen Verhängung und Fortsetzung der Untersuchungshaft nicht möglich gewesen wäre", so das Höchstgericht. Folglich sei gegen eine "grundlegende Verfahrensvorschrift" verstoßen worden, "deren Verletzung das Grundrecht auf persönliche Freiheit substanziell berührt".

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