Urteil gefällt

Keine zusätzliche Haftstrafe für Moschee-Bomber

Österreich
14.10.2008 13:56
Der Arzt, der für den Bombenanschlag auf die Osmanli-Moschee in Wien-Hernals (Bild) vom 16. November 2005 verantwortlich war, ist am Dienstag im Straflandesgericht wegen schwerer Sachbeschädigung verurteilt worden. Die angeklagte vorsätzliche Gefährdung durch Sprengmittel war nach Ansicht des Schöffensenats jedoch nicht gegeben, da keine konkrete Gefahr für die in dem zweigeschoßigen Wohnhaus lebenden Menschen bestand.

Über den 45-jährigen Mediziner wurde keine Zusatzstrafe verhängt: In dem Verfahren war auf ein Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom vergangenen Jänner Bedacht zu nehmen: Der Arzt hatte dabei zwölf Jahre Haft für einen versuchten Mord erhalten, nachdem er am 30. August 2007 in Ebergassing einem Jugendlichen in den Bauch geschossen hatte, weil ihm der 18-Jährige mit seinen Freunden zu laut war. Der Bursch sitzt seither im Rollstuhl.

Selbstmordversuch im Gefängnis
Anfang Februar verübte der Arzt in seiner Zelle einen Selbstmordversuch. Dabei hinterließ er einen Abschiedsbrief, in dem er den bis dahin als ungeklärt geltenden Anschlag auf die Moschee gestand. Im nunmehrigen Verfahren war diese Tat so zu beurteilen, als wäre sie bereits zum Zeitpunkt des Korneuburger Schwurprozesses bekannt gewesen und eine Gesamtstrafe auszumessen.

Der Senat gelangte dabei zur Überzeugung, dass der 45-Jährige mit zwölf Jahren Haft hinreichend bestraft sei, zumal dieser den Sprengstoffanschlag unumwunden zugab. Er sei ihm darum gegangen, "auf Missstände in Europa aufmerksam zu machen", gab der Angeklagte zu Protokoll. Monatelang habe er das Gebetshaus beobachtet und schließlich eine "Bombe mit begrenzter Sprengwirkung" deponiert, um aufzuzeigen, "dass man fremde Kulturen in einem Maß importiert, das ungesund für die Bevölkerung ist", so der 45-Jährige.

Der Mediziner, der zuletzt in einem Wiener Labor beschäftigt war und monatlich 800 Euro verdient hat, behauptete, in eine Gruppe namens "Neues Europa" eingebunden gewesen zu sein. Mehrere "Intellektuelle", die er nicht nennen wolle, hätten ihn bei dem Anschlag unterstützt. Man habe mit der Bombe zu bedenken geben wollen, "dass der Europagedanke, so wie er damals propagiert wurde, eher nicht zum Nutzen der Gesellschaft ist", sagte der Angeklagte. Er und seine "Gleichgesinnten" seien gegen den EU-Beitritt der Türkei. Der Islam stelle "eine Art Bedrohung des sozialen Gefüges" dar, behauptete er.

Explosiver Chemie-Mix
Aus Zitronensäure, Wasserstoffperoxid und Hexamethylentetramin hatte der Mediziner in seinem Schrebergarten den Sprengstoff HMDT hergestellt. Daraus bastelte er eine mit einem Zeitzünder versehene Bombe, die er gegen 2.30 Uhr im Eingangsbereich des Hauses mit dem islamischen Gebetsraum ablegte. Danach setzte er sich in ein in der Nähe geparktes Auto und wartete, bis es krachte.

Die Explosion riss ein 60 Zentimeter großes Loch ins Haustor. Eine weitere Tür und die Fassade wurden in Mitleidenschaft gezogen. Die Versicherung bezifferte den angerichteten Sachschaden mit 5.260 Euro.

Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter zeigte sich überzeugt, dass die Bewegung "Neues Europa" gar nicht existiert. Der Arzt habe in Wahrheit als Einzeltäter gehandelt. Die Ermittlungen hätten keinerlei Hinweis auf einen oder mehrere Komplizen bzw. Mitwisser ergeben, betonte Kronawetter.

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