Mann im Wachkoma

Schwere Vorwürfe gegen Wiener Krankenhaus

Österreich
01.08.2008 12:52
Seit vier Monaten liegt ein 44-jähriger Wiener nach einem Herzinfarkt im Wachkoma. Seine Familie erhebt nun schwere Vorwürfe gegen die Krankenanstalt Rudolfstiftung, in die der Vater von zwei sechs und elf Jahre alten Kindern am 27. März von der Rettung gebracht wurde: Der Patient sei trotz eindeutiger Symptome unzureichend behandelt, das EKG zwei Stunden zu spät veranlasst worden. Die Wiener Patientenanwaltschaft, die den Fall untersucht hat, weist die Vorwürfe zurück.

Man habe die Krankengeschichte eingehend überprüft und einen Vertrauensarzt mit einem Gutachten beauftragt, um festzustellen zu können, ob ein möglicher Behandlungsfehler vorliegt. "Der Sachverständige ist zu dem Schluss gekommen, dass ein schicksalhaftes Geschehen vorliegt. Es ist zu Komplikationen gekommen, die leider nicht zu verhindern waren", fasst Patientenanwalt Konrad Brustbauer die Erkenntnisse zusammen.

Risikopatient mit Krankheitsgeschichte
Der Wiener Rechtsanwalt Oliver Koch ist mit dieser Sicht der Dinge nicht einverstanden und will im Namen der betroffenen Familie zivilrechtlich klagen, sollte das Spital bzw. der Spitalserhalter nicht auf seine Schadenersatz- und Schmerzensgeldforderungen eingehen. Der Patient, der bereits 2004 einen Herzinfarkt und später noch einen Schlaganfall erlitten hatte, sei mit starker Übelkeit und einem Druckgefühl in der Brust ins Krankenhaus eingeliefert worden. Seine Angehörigen hätten dort auf den vorangegangenen Infarkt aufmerksam gemacht.

"Ungeachtet dessen sind zwei Stunden vergangen, wo die Mutter des Patienten im Aufnahmebereich miterleben konnte, dass dieselben Symptome wie damals sowie auch Atemnot vorherrschten und ihrerseits fruchtlos ständig auf den Verdacht eines Herzinfarkts hingewiesen wurde", behauptet Koch. Es wären "trotz eindeutiger Symptome und ausdrücklicher Hinweise regelrecht Stunden vergangen, ohne die Symptome richtig zu deuten", so der Anwalt. Als endlich ein EKG veranlasst wurde, sei es bereits zu spät gewesen: "Zum Zeitpunkt des Eintreffens dieses Befundes war der Patient bereits klinisch tot."

"Spezifischen Befunde gefehlt"
Die Patientenanwaltschaft stellte dazu zunächst fest, dass der Kreislaufverfall erst in der Intensivstation passiert sei und die Reanimationsmaßnahmen "innerhalb von Minuten " erfolgt seien. Vor allem aber habe man im Spital sehr wohl von Anfang an an einen Infarkt gedacht. "Es haben jedoch die spezifischen Befunde gefehlt, die das eindeutig bestätigt hätten", erläuterte Patientenanwalt Brustbauer. Eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse wäre zu diesem Zeitpunkt ebenfalls noch in Frage gekommen.

"Die Blutbefunde sind im Lauf eines Infarktgeschehens sehr progressiv. Die können sich schnell verändern", betonte Brustbauer. Unmittelbar nach der Aufnahme dürften diese noch nicht dramatisch gewesen sein: "Um 20.44 Uhr war das EKG da. Und das war dann erst aussagekräftig." Aus Sicht der Patientenanwaltschaft wären die weiteren, aber auch die vorangegangenen Behandlungsmaßnahmen "prinzipiell in Ordnung und medizinisch korrekt" gewesen.

Patientenanwalt rät Familie von Klage ab
Unabhängig davon äußerte Brustbauer Verständnis für die Familie, der es naturgemäß schwer falle, sich mit dem tragischen Geschehen und dem nunmehrigen Gesundheitszustand des 44-Jährigen abzufinden. Statt den Klagsweg zu beschreiten, legt der Patientenanwalt den Betroffenen nahe, sich an den Wiener Härtefonds und den Wiener Patientenentschädigungsfonds zu wenden, die verschuldensunabhängige Entschädigungen vorsehen.

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