Die Schweizer Forscher arbeiten für ihre Untersuchung mit einem Geigenbauer zusammen, der sechs verschiedene Instrumente, drei aus pilzinfiziertem Baumholz und drei mit Holz von gesunden Bäumen fertigt. Gegen Ende des Jahres werden alle sechs Instrumente fertiggestellt sein. Anschließend soll in einem sogenannten Blindfold-Test der Klangunterschied ermittelt werden.
Die Effizienz, mit der ein vibrierendes Stück Holz die Schallwellen an die Außenwelt abgibt, hängt vom Verhältnis ab, wie schnell sich die Wellen aufgrund der Materialdichte durch den Körper des Instruments fortpflanzen. Ein hoher Wert sorgt dafür, dass das Instrument lauter klingt. Stradivari hatte das Glück, dass er während der kältesten Periode - der sogenannten Kleinen Eiszeit im frühen 18. Jahrhundert - lebte und arbeitete. Damals lag die Durchschnittstemperatur rund einen Grad Celsius unter der von heute. Der Baumwuchs hatte unter diesen strengen Bedingungen zu leiden und daher war das Holz weniger dicht. Untersuchungen der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt in St. Gallen haben ergeben, dass sich Schallwellen durch verschimmeltes und verfaultes Holz langsamer fortpflanzen. Zudem hat der Forscher Francis Schwarze entdeckt, dass einige Pilze das Holz zwar angreifen, nicht aber dessen Ligninschicht zerstören.
Pilz verringert Dichte des Holzes
Das Forscherteam hatte in einem Experiment eine norwegische Fichte - deren Holz für den oberen Deckel einer Violine verwendet wird - mit dem Pilz Physiporinus vitrius und eine Plantane - deren Holz den Boden einer Violine bildet - mit dem Pilz Xylaria longipes infiziert. Schon nach 20 Tagen hatte sich die Dichte des Holzes um mehr als zehn Prozent verringert, ohne jedoch Strukturschwächen zu zeigen. Das Instrument werde sicher einen schönen Klang haben, zeigt sich der Münchner Instrumentenbauer Martin Schleske, der mit Schwarze zusammenarbeitet, überzeugt.
Der Chemiker und Instrumentenexperte Joseph Nagyvary von der College Station in Texas sieht die Forschungsergebnisse kritischer. Er geht davon aus, dass Stradivari sein Instrumentenmaterial zur klanglichen Verbesserung chemisch behandelt hatte. So habe er etwa seinerzeit Holz in Wasser eingelegt, um das mikrobielle Wachstum zu fördern. Zudem könnte auch die Politur eine wesentliche Rolle im gesamten Klangbild spielen. Das Holz, das die Schweizer Forscher verwenden, sei jedenfalls viel dünner als jenes im herkömmlichen Instrumentenbau. Es könnte nach Ansicht des Forschers schwierig sein, dass der Pilz die Struktur gleichförmig angreift. Möglicherweise wäre es günstiger, Pilzenzyme zu verwenden. (pte)
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