„Das in 15 Jahren aufgebaute System ist nicht perfekt, aber es jetzt völlig umzuwerfen, wäre falsch“, sagt Christine Winkler-Kirchberger, Leiterin der oö. Jugendanwaltschaft, die jährlich etwa 1500 Einzelberatungen durchführt. Bisher wurde nur dann sofort ein Missbrauchs-Verdacht angezeigt, wenn eine akute Gefährdung für das Kind vorlag. „Meist sind die Aussagen der Kinder die einzigen Beweismittel. Wenn da nicht behutsam vorgegangen wird, kann es passieren, dass die Kinder gar nichts mehr sagen. Dann wird das Verfahren eingestellt und die Kinder haben ein noch schwierigeres Leben“, argumentiert Winkler-Kirchberger. Die Jugendanwaltschaft und andere Kinderschutzorganisationen wollen, dass das geplante Gewaltschutzgesetz „entschärft“ wird. Man fürchtet, dass sonst öfter in Verdachtsfällen weggesehen wird und die Anzeigenzahlen sinken, weil die Leute den direkten Kontakt zur Polizei scheuen.
„Lieber eine Anzeige zu viel, als eine zu wenig“
Auch die Opferhilfe „Weißer Ring“ will eine Entschärfung des Gewaltschutzgesetzes. Die Steyrer „Weißer Ring“-Leiterin Dr. Susanne Gahler (55) findet aber auch Positives an verpflichtenden Anzeigen.
Sie befürworten die verpflichtenden Anzeigen?
Durchaus. Weil die Jugendschutz-Behörden sind oft einfach personell überfordert, können nicht so schnell eingreifen, wie sie vielleicht selbst möchten.
Aber kann es nicht sein, dass so einige Unschuldige überraschenden Besuch von der Polizei bekommen?
Sicherlich. Ich bin selbst dreifache Mutter und würde es akzeptieren, wenn wegen eines Verdachts eine Kontrolle durchgeführt wird. Wir Erwachsenen können uns eher wehren, die Kinder nicht.
Foto: Hannes Markovsky
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