Muskeln unter Strom

EMS-Training kann zu Nierenschäden führen

Gesund
11.01.2018 06:00

In nur 20 Minuten pro Woche zum Traumbody? Bei EMS, Elektromyostimulation wird der Körper mittels Elektrodenanzug "verkabelt", um die Muskeln während des Trainings gezielt mit Reizen zu stimulieren. Was in der physiotherapeutischen Rehabilitation unter fachlicher Anleitung funktioniert, ist im Breitensport umstritten.

Die Massenanwendung sei nämlich noch Neuland, sagt Professor Dr. med. Stefan Knecht, Chefarzt der Klinik für Neurologie, St. Mauritius Therapieklinik, Meerbusch, Düsseldorf, von der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und funktionelle Bildgebung (DGKN): "Während Ärzte und Physiotherapeuten in dieser Methode ausgebildet wurden, ist das Personal in Fitnessstudios aber oft nicht ausreichend geschult, um die Belastung richtig einzuschätzen." Häufigster Fehler: Mehr und längeres Training als empfohlen mit zu hoher Stromintensität. Denn bei Kraftübungen schüttet der Körper ein Enzym aus, Creatin-Kinase, das die Muskeln mit Energie versorgt. Wissenschaftler der Sporthochschule Köln haben herausgefunden, dass der Anstieg dieses Stoffes bei Muskelübuntgen unter EMS-Verstärkung bis zu 18 Mal höher ist als beim herkömmlichen Training. Die Extremwerte können in Einzelfällen zu Nierenschädigungen führen. Im Zweifel gilt: Wer nach dem Training Schmerzen, Herzrasen oder ein Schwächegefühl verspürt, sollte einen Arzt aufsuchen!

Kniebeugen im Stromanzug
Wie laufen die Übungen ab? Der Sportler trägt einen speziellen Anzug, der den Reizstrom in die Muskeln leitet. Ein Trainer gibt Anweisungen und reguliert die Stromintensität für die einzelnen Körperregionen über ein Kontrollpanel. Verschiedene Muskelgruppen werden aktiv für einige Sekunden gezielt angespannt und anschließend wieder entlastet. "Der geringe Aufwand ist tückisch und kann dazu verleiten, häufiger oder ausgiebiger zu trainieren als empfohlen - höchstens ein bis zweimal pro Woche", so Knecht. Gefahr droht auch, wenn jemand den Stromregler unkritisch nach oben dreht. Außerdem wichtig für die Nierenfunktion: Auch, wenn die Trainingseinheiten nur kurz sind, muss ausreichend getrunken werden.

"Das EMS-Training ist nicht geeignet, um bequem und ohne Anstrengung in Form zu kommen, denn der Trainingseffekt ist nicht bewiesen und bei falscher Anwendung ist die Methode sogar riskant", resümiert Knecht. Der Neurophysiologe empfihelt daher, bei regulären Fitnessmethoden zu bleiben.

Karin Podolak, Kronen Zeitung

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