Wer ist Robert K.?

Mädchenmord in Wien: Die Psyche des Totmachers

Österreich
21.05.2018 08:07

Er spielte mit ihr. Er schenkte ihr Süßigkeiten. Er tröstete sie, wenn sie traurig war. Die kleine Hadishat hat Robert K. wie einen Bruder geliebt. Dann brachte er sie um, auf bestialische Weise. „Es gab keine Vorzeichen für seine Tat“, so die Eltern des 16-jährigen mutmaßlichen Mörders.

Als Hadishat am frühen Nachmittag des 11. Mai die Wohnung einer Nachbarsfamilie im zweiten Stock eines Gemeindebaus in Wien-Döbling betrat, dachte sie sicherlich an nichts Böses. Nur Robert K. war zu Hause, wahrscheinlich freute sich die Kleine sogar über die Möglichkeit, mit dem Burschen alleine sein zu dürfen.

Denn der 16-Jährige hatte ja schon so oft mit ihr gespielt, ihr Süßigkeiten geschenkt und sie immer getröstet, wenn sie traurig war. Die Eltern der beiden: gebürtige Tschetschenen, eng miteinander befreundet, seit Langem schon. Vermutlich plauderten das Volksschulkind und der Gymnasiast freundlich miteinander, während das Mädchen seine Katze streichelte „und wir in der Küche ein Eis aßen“ - wie Robert K. mittlerweile der Kripo zu Protokoll gegeben hat.

Und danach? „Hab‘ ich ihr gesagt, dass ich ihr im Badezimmer etwas zeigen will.“ Dass er da bereits ein Brotmesser unter seinem T-Shirt versteckt hatte, konnte die Siebenjährige nicht ahnen. Der Angriff muss für sie völlig überraschend gekommen sein, „ich schnitt ihr schnell die Kehle durch“, erzählte der Bursch im Verhör und dass er Hadishats Leiche in der Duschtasse ausbluten ließ, um sie anschließend in einen Plastiksack zu packen und in einem Müllcontainer der Anlage „zu entsorgen“.

„Ich hab einfach ein Opfer gebraucht“
Das Motiv für sein grauenhaftes Handeln? „Ich spürte an diesem Tag eine irre Wut in mir, ich war richtig schlecht drauf und ich wollte mich irgendwie abreagieren.“ Warum gerade an Hadishat? „Sie war halt zur falschen Zeit am falschen Ort. Ich hab‘ einfach ein Opfer gebraucht, und sie ist verfügbar gewesen.“

Geriet Robert K. nach seiner Tat in Panik? „Eigentlich nicht. Ich dachte mir: Wenn ich erwischt werde, hab ich eben Pech gehabt. Aber es könnte ja auch sein, dass alles ganz anders läuft.“ Darum reinigte Robert K. „rasch und unter ziemlich viel Schweiß“ den Abfluss, putzte mit Dan-Klorix die Fliesen und entfernte mit einem Universalreiniger Blutflecken auf den Perserteppichen und dem Parkettboden. Ein paar dunkle Stellen blieben zurück, „ich erklärte sie meiner Familie später mit einem Missgeschick“.

Der Bursch hatte sich selbst eine tiefe Wunde zugefügt, an der rechten Hand, mit der Mordwaffe - ob bei seinem Verbrechen, oder danach, absichtlich, ist noch ungeklärt. Fest steht: Als Robert K.s 13-jähriger Bruder kurz nach 18 Uhr nach Hause kam, war die Wohnung so sauber wie immer, und der Gymnasiast wirkte angeblich „völlig normal“.

Zusammen hätten die beiden zu Abend gegessen, belegte Brote, und dabei über Belangloses geredet, über die Schule und gemeinsame Bekannte. Im Anschluss hätten sie noch ein wenig ferngesehen und sich dann bald zu Bett gelegt. Die Mutter, Verkäuferin in einem Modegeschäft in der Innenstadt, kam gegen 21 Uhr vom Dienst nach Hause, der Vater - im Hauptberuf Dolmetscher, nebenbei jobbt er bei einer Veranstaltungsagentur - hatte an diesem Abend ein Konzert in Wien-Leopoldstadt mitorganisiert und traf um etwa 22 Uhr in dem Gemeindebau ein.

Auf dem Weg zu seiner Stiege traf er Nachbarn, die ihm von Hadishats Verschwinden erzählten. Er alarmierte seine Frau - „unsere Söhne schliefen bereits“ - und beteiligte sich mit ihr an der Suche nach dem vermissten Mädchen: „Wir kannten es gut, wir mochten es sehr und waren in fürchterlicher Sorge.“ Das Ehepaar weiters: „Wir konnten deshalb in der kommenden Nacht kaum schlafen.“ Am Morgen sei die Mutter „schon sehr zeitig“ zur Arbeit gegangen, der Vater erfuhr bald vom Leichenfund in der Mülltonne, „ich war völlig zerstört“. Und seine Söhne? Der Jüngere habe zu weinen begonnen, „und Robert nahm ihn in den Arm“.

„Es zog uns den Boden unter den Füßen weg“
Wie verliefen die folgenden Tage? „Wir versuchten, Hadishats Familie, ihrer Mutter, den sechs Geschwistern und anderen Angehörigen Trost zu spenden, wir weinten und beteten mit ihnen. Und wir luden sie alle zu uns nach Hause ein.“ Am Dienstag, wenige Minuten nach Mitternacht, läuteten Polizisten an der Türe der K.s - „und sie nahmen unseren Robert unter Mordverdacht fest. Nein, sagten wir den Beamten, es muss sich um einen Irrtum handeln, unser Bub wäre zu solch einer schrecklichen Tat niemals fähig.“ Stunden später lag bereits ein detailliertes Geständnis des Gymnasiasten vor: „Da zog es uns den Boden unter den Füßen weg.“

Anscheinend völlig reuelos hat der 16-Jährige der Kripo den Hergang des Verbrechens geschildert, „so“, erinnert sich ein Fahnder, „als würde er über ein unwichtiges Ereignis berichten“.

Robert K. - wer ist er? Seine Eltern wanderten mit ihm 2004 von Tschetschenien nach Wien aus, der Bub war damals zwei, „und wir versuchten alles, um uns hier voll zu integrieren und eine gesicherte Existenz aufzubauen.“

„Er war immer ein besonders braves Kind“
Das Ehepaar legte sogar seinen alten Familiennamen ab und nahm einen „typisch österreichischen“ an: „Denn unsere Kinder sollten gesellschaftlich nicht benachteiligt sein.“ Robert habe sich auch tatsächlich „prächtig entwickelt - er war besonders brav“. Und er schien „extrem intelligent“. Weswegen ihn der Vater sogar in ein teures Privat-Gymnasium zum Unterricht schickte. Glücklich war der Bursch dort allerdings nie. Er galt als Einzelgänger, als Außenseiter, der lieber auf seinem Handy oder am PC Computer-Games spielte, als Kontakt zu seinen Klassenkameraden zu suchen.

Doch, er hatte ein paar Freunde, aber die Beziehungen zu ihnen waren eher oberflächlich, im vorvergangenen Jahr wurden seine Lernerfolge schlechter, speziell in Mathematik und Physik. Er blieb „sitzen“ und musste die fünfte Klasse wiederholen.

Er bedrohte Mädchen mit dem Umbringen
Seitdem verhielt sich Robert K. in der Schule noch auffälliger, wiederholt soll er Mädchen mit dem Umbringen gedroht, ihnen angekündigt haben, sie zu erstechen oder zu erwürgen. Aber in dem Gemeindebau, in dem er aufgewachsen war, gab er weiterhin den höflichen, ruhigen, wohlerzogenen Buben, der alten Frauen Einkaufstaschen nach Hause trug und den Kindern aus der Anlage beim Ballflicken half und sie auf seinem Rücken reiten ließ.

„Rückblickend betrachtet“, sagt ein Nachbar, „ist es schon komisch, dass er sich vor allem mit den ganz kleinen Mädchen und Buben abgab, ständig mit ihnen spielte - und sich dadurch zu ihrem engsten Vertrauten machte.“ Bei dem sie Rat suchten, in kleinen und in größeren Dingen.

Robert K. - wer ist er? Diese Frage haben nun Psychiater zu beantworten.

Martina Prewein, Kronen Zeitung

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