Experten im Talk

Mercosur: Was spricht dafür, was dagegen?

Mercosur
12.05.2018 06:00

Schadet der Mercosur-Pakt der regionalen Landwirtschaft in Österreich? Und: Kann es im Interesse der EU sei, billiges Fleisch aus Südamerika zu importieren und Standards zu gefährden? Die „Krone“ bat einen Befürworter und einen Mercosur-Kritiker zum Schlagabtausch.

Die Rollen sind klar verteilt: Ralf Kronberger ist Chef der handelspolitischen Abteilung in der Wirtschaftskammer Österreich. Er lebte selbst in Argentinien und kann sich keinesfalls erklären, warum der geplante EU-Mercosur-Pakt die Standards gefährden sollte.

Ihm gegenüber sitzt bei der von Moderator Gerhard Koller geleiteten Diskussion im Studio Jens Karg. Er ist Handelsexperte von Greenpeace Österreich - und er ist es auch, der im Streitgespräch auf die vielen Probleme hinweist. Stichwort: Gammelfleisch. Hier die wichtigsten Auszüge des Gesprächs (das ganze Interview sehen Sie oben im Video):

Billig-Rindfleisch oder Lebensmittelstandards?
Werden wir mit Billig-Rindfleisch überschwemmt, bleiben die Lebensmittelstandards auf der Strecke? Kronberger sagt: „Grundsätzlich ist anzumerken, dass etwa drei bis vier Prozent des gehandelten Rindfleischs schon jetzt aus Lateinamerika kommen. Es ist keine Überschwemmung, es geht um eine begrenzte Anzahl, die in die EU importiert werden soll.“ Er weist darauf hin, dass die Quoten, die öffentlich diskutiert werden (zwischen 70.000 und 160.000 Tonnen Rindfleisch pro Jahr für den EU-Markt), von den Verhandlern nicht bestätigt sind.

Karg kontert: Schon jetzt importiere die EU jährlich 300.000 Tonnen Rindfleisch aus anderen Ländern. Würden jetzt noch einmal bis zu 200.000 Tonnen (das fordert Brasilien) dazukommen, würde das den europäischen Markt kaputtmachen. Karg wörtlich: „Wie kann eine Weidehaltung mit einer Massenproduktion in Brasilien konkurrieren, wenn man nur noch auf Billigprodukte, die unter zweifelhaften Umständen produziert werden, setzt?“

„Mit Hormonen behandeltes Fleisch ist in der EU verboten“
Er spricht auch an, dass mit Hormonen gemästet werde - wogegen der Experte der Wirtschaftskammer Einspruch erhebt: „Es gibt Lebensmittelstandards. Mit Hormonen behandeltes Fleisch ist in der EU verboten.“ Es gebe Lebensmittelkontrollen, die jetzt schon funktionieren. Und laut Kommission werde es bei den Standards keine Nivellierung nach unten geben.

Was ist mit den Dokumenten, die laufend veröffentlicht werden? Diese geheimen Papiere, die zuletzt etwa Greenpeace publizierte, nennt man Leaks. Greenpeace-Mann Jens Karg spricht davon, dass in einem Dokument die Rede davon ist, dass die EU keine schärferen, sondern laxere Kontrollen vorsieht. Kronberger kontert: „Nicht beschlossene, geleakte Dokumente sind für mich keine Gesprächsgrundlage.“

Gammelfleisch-Skandal in Brasilien
Thema Gammelfleisch in Brasilien, wo kaputtes Fleisch aufgepäppelt wurde. Ralf Kronberger ist der Meinung, dass dieses Problem ein rein brasilianisches sei. Brasilien habe bestimmt ein Interesse daran, diesen Skandal in den Griff zu bekommen. Und: „Auch in Europa hatten wir solche Probleme.“ Er verweist auf Deutschland, wo es vor Jahren einen ähnlichen Skandal gab. „Kein europäischer Konsument wird Interesse daran haben, ein gebrandmarktes Fleisch zu kaufen.“ Greenpeace-Experte Jens Karg bleibt dabei: In Brasilien gibt es Massentierhaltung, Tiere und Beschäftigte werden dort ausgebeutet.

Der Stand der Dinge bei den Verhandlungen:

  • Derzeit liegt der in Zahlen und Buchstaben gegossene EU-Mercosur-Pakt in einem hoch gesicherten Raum in Brüssel auf. Dort können die Abgeordneten Einsicht nehmen, Kopien dürfen allerdings nicht angefertigt werden.
  • Schon im heurigen Sommer sollen die Verhandlungen abgeschlossen sein - und das ruft vor allem Kritiker auf den Plan. Sie befürchten eine völlige Intransparenz.
  • Nach dem Abschluss der Verhandlungen steht die Unterzeichnung an. Diese könnte in die Ratspräsidentschaft Österreichs fallen, die am 1. Juli 2018 beginnt und ein halbes Jahr dauert. Der Ratifizierungsprozess ist für 2019 geplant.

A. Halouska, M. Perry, R. Loy, J. Traby und M. Pichler, Kronen Zeitung

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