„Inszenierter Angriff“

Assad präsentiert Rebellen-Labor als „Beweis“

Ausland
16.04.2018 21:04

Nach den Bomben gegen das Regime von Präsident Bashar al-Assad geht der mediale Krieg um Syrien weiter. Während die USA und ihre Verbündeten von einem „vollen Erfolg“ und von Treffern ins „Herz des syrischen C-Waffen-Programms“ sprechen, zeigen syrische und russische Fernsehsender Bilder von einem mutmaßlichen Chemielabor der Rebellengruppe Dschaisch al-Islam (siehe Video oben), die bis vor Kurzem erbitterten Widerstand gegen die syrische Armee im Kampf um die Region Ost-Ghouta geleistet hat und mittlerweile besiegt ist. Syrien und Russland präsentieren die Bilder als weiteren „Beweis“ für einen inszenierten Giftgasangriff westlicher Geheimdienste im Zusammenspiel mit islamistischen Rebellen.

Unterdessen verzögert sich der Einsatz der internationalen Chemiewaffenexperten. Großbritannien beschuldigt Russland und Syrien, den Zugang zum Ort des mutmaßlichen Giftgasangriffs zu verwehren. Dass die Mitglieder des Teams der Organisation für ein Verbot von Chemiewaffen (OPCW) nach ihrem Eintreffen in der syrischen Hauptstadt Damaskus seit Samstag dort verharren müssen, hat mittlerweile auch der Generaldirektor der Organisation bestätigt. Syrische und russische Vertreter hätten das Team informiert, dass zuvor noch Sicherheitsfragen geklärt werden müssten, erklärte Ahmet Üzümcü am Montag in Den Haag.

Russland: „Ermittler dürfen am Mittwoch nach Duma reisen“
Russland wies die Vorwürfe Großbritanniens zurück und bezeichnete diese als „weitere Erfindung“. Vielmehr hätten die OPCW-Experten ihre Untersuchungen wegen der Raketenangriffe der USA, Großbritanniens und Frankreichs bisher nicht aufnehmen können. „Die Folgen der illegalen und rechtswidrigen Handlungen verhindern das“, sagte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow. Die russische Botschaft in Den Haag versicherte am späten Montagabend, dass die Ermittler am Mittwoch in die betroffene Stadt Duma reisen könnten.

USA: „Russland versucht, Untersuchung zu sabotieren“
Während also die internationalen Experten weiterhin darauf warten, ihre Arbeit in Duma aufzunehmen, sind russische Soldaten bereits vor Ort. Dieser Umstand wird von den USA als Versuch gewertet, Spuren des Giftgasangriffs „zu verändern, um die OPCW-Untersuchung zu sabotieren“, wie es der US-Botschafter bei der OPCW, Ken Ward, am Rande einer Dringlichkeitssitzung zum Ausdruck brachte.

Das Assad-Regime und Russland sehen wiederum die „Dreier-Aggression“, wie die USA, Großbritannien und Frankreich in syrischen Staatsmedien bezeichnet werden, als wahren „Vertuscher“. „Warum fielen die Bomben, noch bevor die Chemiewaffenexperten ihre Untersuchungen begonnen haben?“, lautet stets die Frage. Tatsache ist allerdings auch, dass auf Duma keine westlichen Luftangriffe durchgeführt wurden, dort also Beweise nicht zerstört worden sein können.

Wurden in Rebellen-Labor chemische Waffen hergestellt?
Unterdessen verbreiten sich Aufnahmen, die in einem mutmaßlichen Geheimlabor der islamistischen Rebellengruppe Dschaisch al-Islam nach deren Rückzug gemacht wurden, wie ein Lauffeuer in syrischen und russischen Medien. Darin sind Mitglieder der syrischen Armee zu sehen, die mehrere Räume zeigen, in denen Kanister, Gasflaschen, Regale mit Flaschen und anderem „Zubehör“ zur Herstellung von chemischen Waffen gelagert worden sein sollen.

Die investigative Rechercheplattform bellingcat.com, die sich auf die Überprüfung von Fotos und Videos aus Kriegsgebieten spezialisiert hat, kommt allerdings nach eingehender Analyse der verfügbaren Bilder zu dem Schluss, dass es sich wohl nicht um geeignete Infrastruktur handle, um Raketen mit Sarin oder Chlorgas herzustellen. In einer Passage der Analyse heißt es: „Wenn diese Einrichtung zur Herstellung von Sarin genützt wurde, dann sind die Betreiber alle tot.“ Die Aufnahmen stammen übrigens vom März dieses Jahres, wie auch der Tweet unten beweist.

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