Buwog-Prozess

Meischberger verteidigt Grasser: Haider Tippgeber

Österreich
12.04.2018 16:35

Der Buwog-Strafprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Walter Meischberger, Ernst Karl Plech, Peter Hochegger und weitere Angeklagte wird wieder spannend. Nach 28 Verhandlungstagen nähert sich Richterin Marion Hohenecker langsam dem Hauptangeklagten Grasser. Nach der Einvernahme zahlreicher „kleinerer Fische“ im Rahmen des Verfahrens rund um die Terminal-Tower-Causa ist am Donnerstag der enge Grasser-Vertraute und Ex-Lobbyist Meischberger aufgerufen worden, am zentralen „Befragungssessel“ Platz zu nehmen. Zu Beginn seines Plädoyers erklärte er sich nicht schuldig. Er wolle „einen Beitrag dazu leisten, Missverständnisse aufzuklären“, und beweisen, dass die Anklage falsch liege. Meischberger verteidigte mit seinen Aussagen auch Grasser. Vor allem den zentralen Anklagepunkt, dass Insiderinfos aus dem Buwog-Bieterverfahren vom Finanzminister stammten, stritt der Zweitangeklagte ab und meinte, der Tipp über eine Finanzierungsgarantie des Konkurrenten stamme vom damaligen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider.

„Ich bin vollkommen von meiner Unschuld überzeugt, obwohl ich mit dem heutigen Wissen vieles ganz anders machen würde. Im Zuge meines Plädoyers werde ich darlegen, warum Herr Hochegger nicht die Wahrheit sagt“, stellte der Ex-Lobbyist, der auch beklagte, dass die komplexe Branche der strategischen Berater häufig als etwas Mystisches und Anrüchiges dargestellt werde, in Aussicht. In diesem Zusammenhang führte Meischberger nach Darstellung seines beruflichen Werdegangs aus, warum seine Rolle bei Deals wie Buwog und andere so wichtig und „werthaltig“ und die hohen Provisionen berechtigt gewesen seien.

„Bin wohl der berühmteste Trauzeuge der Welt“
Zur medialen Berichterstattung der vergangenen achteinhalb Jahre merkte der ehemalige FPÖ-Politiker sarkastisch an: „Ich bin wohl der berühmteste Trauzeuge der Welt.“ Damit spielte Meischberger auf den Umstand an, dass immer wieder seine Entscheidung, Trauzeuge des ehemaligen Finanzministers zu werden, an prominenter Stelle erwähnt werde. Damit wolle man einen „kriminellen Handlanger“ konstruieren, so der Zweitangeklagte.

Wie berichtet, wirft die Anklage Meischberger vor, im Zuge des Verkaufs der Bundeswohnungen im Jahr 2004 einen Teil des Schmiergelds in der Höhe von zehn Millionen Euro kassiert zu haben. Er soll unter anderem Drehscheibe für die Geldflüsse zwischen einer Bank in Liechtenstein und dem früheren Finanzminister Grasser gewesen sein. Meischberger hat das immer bestritten und erklärt, er habe das Geld für seine Tätigkeit als Lobbyist erhalten. Auch Grasser will nie einen Cent Schmiergeld kassiert haben.

Notizbücher und berühmtes Telefonat mit Plech
Meischberger und Hochegger brachten nach ersten Razzien bei der Immofinanz und Medienberichten über Korruptionsverdacht rund um die Buwog-Privatisierung 2009 Selbstanzeigen ein. Darin gaben die beiden an, dass sie Vermittlungsprovisionen von zumindest 9,6 Millionen Euro erhalten und weder Einkommens- noch Umsatzsteuer gezahlt hätten. Hausdurchsuchungen folgten, dabei wurde auch das schwarze Notizbüchlein mit dem brisanten Inhalt gefunden - offenbar Meischbergers „Tagebuch“. Darin schilderte er recht offen, wie es nach dem Bekanntwerden der Buwog-Provisionen mehrere Treffen mit Grasser und Plech gab: Verträge seien „zu finden“ und abzustimmen, Grasser sei „supernervös“.

Österreichweite Bekanntheit erlangte Meischbergers Ausspruch in einem von den Ermittlern abgehörten Telefonat, als er am Vorabend einer Einvernahme den Immobilienmakler Plech zu seinen hohen Provisionen fragte: „Wo woar mei Leistung?“

200.000 Euro als „Schlussrechnung“ für jahrelange Zusammearbeit
Antworten auf diese Frage versuchte Meischberger während seines stundenlangen Vortrags zu liefern, indem er Projekte aufzählte, an denen er während der jahrelangen Zusammenarbeit mit dem Baukonzern Porr unter dem damaligen Chef Horst Pöchhacker beteiligt war. Kurz vor dem Ausscheiden Pöchhackers aus dem Konzern (er wechselte danach in den ÖBB-Aufsichtsrat, Anm.) sei eine „Schlussrechnung“ in der Höhe von 200.000 gelegt worden. Dass diese Summe „Schmiergeld“ für die Einmietung der Finanzbeamten in den Linzer Terminal Tower gewesen sei, sei eine „völlig falsche Fährte“ der Staatsanwaltschaft.

Buwog-Bieterverfahren: Tipp soll von Haider gekommen sein
Während Meischberger betonte, in der Causa Terminal Tower nur am Rande involviert gewesen zu sein, gab der Ex-Lobbyist zu, die Buwog-Vergabe von Anfang an am Radar gehabt zu haben und anschließend über Hochegger mit der Immofinanz als Leiter des Österreich-Konsortiums zusammengearbeitet zu haben. Zum zentralen Vorwurf der Anklage, Insiderinfos aus den Bieterrunden vom damaligen Finanzminister Grasser weitergeleitet zu haben, erklärte Meischberger, wie es „tatsächlich“ gewesen sei: Der damalige Kärntner Landeshauptmann Haider habe ihn am Montag, 7. Juni 2004, angerufen und von ihm wissen wollen, ob er eine Information über eine finale Bieterrunde habe. „Ich sagte ihm, ich wisse nicht einmal, wie die erste Runde gelaufen ist.“ Daraufhin habe Haider ihm die ungefähren Angebote der beiden Bieter - Ö-Konsortium und CA Immo - genannt. Haider habe ihn auch über die Höhe der Finanzierungsgarantie - der CA Immo - aufgeklärt.

Knapper Sieg „ein reiner Zufall“
Er habe den logischen Schluss gezogen, dass das Potenzial für die Republik noch nicht ausgeschöpft sei. Deshalb sei aus seiner Sicht eine zweite Bieterrunde notwendig gewesen. Die Infos habe er sofort dem Mitangeklagten Hochegger weitergegeben. Allerdings betonte Meischberger, dass diese Angaben lediglich einer von mehreren Parametern und der knappe Sieg am Ende „reiner Zufall“ gewesen sei. Der „wahre Chef der Vergabe“ sei Haider gewesen, der direkten Einfluss auf drei Minister in der Bundesregierung hatte. Grasser hätte im Ministerrat, wo das Einstimmigkeitsprinzip herrsche, gar keine Entscheidung zu seinen Gunsten herbeiführen können.

Ermittlungen als politischer Angriff auf Schwarz-Blau?
Sein Plädoyer nutzte Meischberger auch zu einem wilden Ritt gegen den „politischen Missbrauch“ der Ermittlungen, die seines Erachtens absichtlich in eine „unmenschliche“ Länge gezogen worden seien, da ein „enormer Druck“ auf den Behörden gelastet habe. Die mediale Berichterstattung, die mit gezielten Informationen aus den eigentlich geheim zu behandelnden Akten gefüttert worden sei, sei zu einer „investigativen Satire“ und einer Vorverurteilung geworden. Das Ziel sei gewesen, die schwarz-blaue Regierung als durch und durch korrupt darzustellen und ihr zu schaden, lautete die Schlussfolgerung des Zweitangeklagten, der in dieser Phase sehr emotional wurde.

Hochegger hofft auf „Freiheit in Brasilien“
Dass sein ehemaliger Freund Hochegger einen „Deal mit der Staatsanwaltschaft“ eingegangen sei und nun „Lügen“ verbreite, habe nur einen Grund: Dieser hoffe auf eine Strafmilderung und wolle seine „Freiheit in Brasilien“. Dort besitzt Hochegger eine Villa.

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