Neues Britpop-Album

Manic Street Preachers: Hymnen ohne juvenile Wut

Musik
16.04.2018 17:00

Die Manic Street Preachers sind eine liebgewordene Konstante im Britpop-Himmel und trotzden auch auf dem 13. Studioalbum „Resistance Is Futile“ ohne mit der Wimper zu zucken jeglichen Trends der Popmusikkultur. Ob das nun verkrustet oder aufrührerisch ist, das müssen Fans und Interessierte selbst entscheiden.

(Bild: kmm)

Die Manic Street Preachers waren stets eine explizit linksgerichtete, progressive Rockband - das ist die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite gibt es im Britpop kaum eine konservativere Truppe als die „Manics“, wie das Trio von seinen vielen Fans liebevoll genannt wird.

Altmodisch und stolz
Im Gegensatz zu flexibleren Zeitgenossen wie Radiohead oder Blur sind James Dean Bradfield (Gesang und Gitarre), Nicky Wire (Bass) und Sean Moore (Schlagzeug) ihrem hymnischen Stadionsound in mehr als 20 Jahren weitgehend treu geblieben. Auf dem 13. Studioalbum seit dem gesellschaftskritischen Debüt „Generation Terrorists“ (1992) treiben die Waliser ihre so behagliche wie frustrierende Berechenbarkeit nun auf die Spitze. Die zwölf Lieder von „Resistance Is Futile“ (klar doch, Widerstand ist zwecklos) sollen wieder überwältigen und in großen Arenen aus vollem Hals mitgegrölt werden. Die Manics bedienen sich dazu nicht gerade subtiler Mittel - mit bombastischen Arrangements voller Chorgesänge, die zum Himmel streben, und Gitarren, die rührend altmodisch gegen den derzeit oft propagierten Tod des Gitarrenrocks anspielen.

Manche neuen Stücke - etwa der Opener „People Give In“ oder „Distant Colours“ - klingen wie leicht verblasste Abbilder der wirklich großen Songs des Albums „This Is My Truth Tell Me Yours“, mit dem die Manic Street Preachers 1998 die Albumcharts anführten. Fast hat man den Eindruck, dass „Resistance Is Futile“ nach etwas experimentierfreudigeren Werken wie „Rewind The Film“ (2013) und „Futurology“ (2014) eine Hommage an die bisher erfolgreichste Platte der eigenen Geschichte sein soll.

Stimmliche Unterstützung
Er empfinde es als „lächerlich, wenn Bands ständig sagen, dass sie sich nie wiederholen wollen, sich immer neu erfinden und so weiter“, gab Bradfield im Interview des deutschen „Rolling Stone“ ganz offen zu. Und ergänzte fast schon trotzig: „Am besten sind wir, wenn wir wie die Manic Street Preachers klingen. Das ist vielleicht nicht supercool und modern, aber mir gefällt‘s.“ Bradfield weist darauf hin, dass seine Stimme eben auch sehr prägnant und „ziemlich unverwechselbar“ sei - weshalb man mit ungewöhnlichen Duetten für Abwechslung sorgen müsse. Früher waren es beispielsweise Nina Persson (The Cardigans) oder die deutsche Starschauspielerin Nina Hoss, die gegen den Gesang des Manics-Frontmannes bestehen mussten - diesmal schlägt sich eine Waliserin mit dem Alias-Namen The Anchoress in „Dylan & Caitlin“, einem der besseren Tracks des neuen Albums, sehr achtbar.

Einst betrauerten die Manics in Weltschmerz-Songs den Verlust ihres depressiven Gitarristen Richey James Edwards, der 1995 spurlos verschwand und 2008 für „vermutlich tot“ erklärt wurde. Dann spielten sie wütende Kampflieder gegen Ausbeutung, Intoleranz und Kriegstreiberei. Jetzt sind die Melodien immer noch wuchtig und aufrüttelnd, aber manches wirkt schal - und vor allem: Man hat es von den Manics schon mal besser gehört. Songschreiber Wire ist sich des Alterungsprozesses der Band auch bewusst: „Manchmal wünschte ich, wir hätten das Selbstvertrauen und die Wut, die wir mit 22 hatten“, sagte er dem „Rolling Stone“. „Aber sich mit 49 noch so benehmen wie mit 22, wäre zu peinlich, und ich würde mir gern etwas Würde bewahren.“

Stolz auf das Alter
Ob das mit „Resistance Is Futile“ gelungen ist? Auf der nächsten Tournee mit Stadionauftritten dürften die neuen Songs jedenfalls durchaus ihren Reiz entfalten. Über das Manics-Publikum und den eigenen Zustand äußert sich Sänger Bradfield mit britischem Humor: „Okay, jetzt haben wir schon Zuschauer mit künstlichen Hüftgelenken, aber immerhin haben wir noch Zuschauer.“ Und immerhin hätten „die Älteren Verständnis, wenn mir mal die Puste ausgeht“.

APA/Griessner

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