Orbans Wahltriumph

„Schlechter Tag für die EU, ein guter für Europa“

Ausland
09.04.2018 13:45

Noch klarer als erwartet hat Ungarns Premier Viktor Orban am Sonntag die Parlamentswahlen gewonnen - hält das vorläufige Ergebnis, regiert der Ministerpräsident künftig mit Zweidrittelmehrheit. Glückwünsche für den laut Orban „schicksalhaften“ Sieg kamen naturgemäß aus dem rechten Lager. So zählte etwa die rechtsextreme Französin Marine Le Pen zu den ersten Gratulantinnen. Aber auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gratulierte dem neuen alten ungarischen Regierungschef in einem Brief zum „klaren Sieg“. Außerdem wolle er Orban auch telefonisch kontaktieren, um mit ihm gemeinsame Interessen zu diskutieren.

Die ersten Glückwünsche aus dem Ausland kamen von Front-National-Chefin Marine Le Pen. Die Masseneinwanderung, für die die EU stehe, sei erneut abgelehnt worden, twitterte sie.

Wilders: „Ein wohlverdienter Sieg!“
Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders gratulierte Orban „zu dem ausgezeichneten Ergebnis“. "Ein wohlverdienter Sieg!", schrieb der Politiker auf Twitter. Dazu stellte Wilders ein Foto, das ihn gemeinsam mit Orban zeigt.

Beatrix von Storch: „Ein guter Tag für Europa“
Auch die Europaabgeordnete der AfD, Beatrix von Storch, gratulierte Orban mit einem gemeinsamen Bild: „Herzlichen Glückwunsch Viktor Orban! Ein schlechter Tag für die EU, ein guter für Europa“, twitterte die rechtspopulistische Politikerin.

Merkel gratuliert, erinnert aber auch an „Kontroversen“
Der deutsche Innenminister und CSU-Chef Horst Seehofer zeigte sich ebenfalls erfreut über den klaren Wahlsieg von Ungarns rechtsnationalem Regierungschef. „Ich freue mich über den Wahlsieg. Es ist ja wiederholt ein sehr deutlicher Wahlsieg.“ Seine Partei werde weiter die „Partnerschaft“ mit dem wegen seines nationalistischen Kurses umstrittenen Orban pflegen, kündigte Seehofer an. Die „Politik des Hochmuts und der Bevormundung gegenüber einzelnen Mitgliedsstaaten“ habe er immer für falsch gehalten. Bundeskanzlerin Angela Merkel gratulierte ebenfalls schriftlich, erinnerte aber auch an die „Kontroversen“ in der Zusammenarbeit beider Staaten.

Luxemburgs Asselborn: „Wertetumor neutralisieren“
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hingegen rief die EU-Staaten zu einem energischen Handeln auf: „Vor allem nach dieser Wahl in Ungarn ist es an Deutschland und Frankreich sowie allen Mitgliedsstaaten, die nicht auf Gleichgültigkeit setzen, sich schnell und unmissverständlich auf der Basis des europäischen Vertragswerks einzubringen, um diesen Wertetumor zu neutralisieren“, sagte er zur „Welt“.

Laut Asselborn stehe die EU vor einer Grundsatzentscheidung: „Entweder man überlässt die EU der Orban-Logik und sieht in ihr prioritär eine Gefahr von Masseneinwanderung und Zersetzung der ‚christlichen‘ Werte, vor denen es sich zu schützen gilt, oder man stoppt diesen unsäglichen Kurs der Angstmacherei und steht für eine EU der Menschenwerte, des Gemeinschaftlichen und des Friedens.“ Zudem bestünden die wahren Probleme Ungarns nicht „in der Immigration von ein paar Hundert Flüchtlingen, sondern in der Emigration von immer mehr jungen Ungarn in die EU“.

Polen: Sieg bestätigt Emanzipation Osteuropas
Die polnische Regierung sieht in dem Sieg Orbans eine „Bestätigung der Emanzipationspolitik Osteuropas“ in der EU. Diese Politik mache Osteuropa als konstruktiven Partner in Europa und der Europäischen Union sichtbar, sagte Vizeaußenminister Konrad Szymanski, der auch EU-Botschafter seines Landes ist. Diese Emanzipationspolitik sei gegen niemanden gerichtet, so Szymanski zum Sender TVN-24. Der geschäftsführende Regierungschef in Tschechien, Andrej Babis, nannte Orbans Wahlsieg „überzeugend“.

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz, der derzeit in China weilt, teilte über Twitter mit, dass er sich „auf die weitere Zusammenarbeit“ mit einem „wichtigen Nachbarn und Wirtschaftspartner“ freue.

Othmar Karas: “Wahlerfolg rechtfertigt Politik nicht"
Der österreichische Europaabgeordnete Othmar Karas (ÖVP) kritisiert die Art, mit der der ungarische Regierungschef seinen Wahlkampf führte. „Der Wahlerfolg rechtfertigt diese Politik, die Sprache, den Antisemitismus, die Korruption und den Nationalismus nicht“, erklärte Karas am Montag. „Mit einer solchen Politik eine Zweidrittelmehrheit zu erringen ist gefährlich und muss die europäische Demokratie und die Freunde der EU-Werte herausfordern“, erklärte der ÖVP-Delegationsleiter auf Twitter. Orbans Fidesz gehört wie die ÖVP der Europäischen Volkspartei (EVP) an.

Amnesty: „Ergebnis macht uns noch entschlossener“
Für Amnesty International ist das Ergebnis der Wahl ein Grund, die Arbeit noch entschlossener zu machen. Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich: „Die Politik Orbans hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass kritische Stimmen attackiert und die Menschenrechte in unserem Nachbarland eingeschränkt wurden. Nach dem Ergebnis der Parlamentswahl ist zu befürchten, dass diese menschenverachtende Politik fortgeführt wird. Doch auch wenn das Klima gegenüber der Zivilgesellschaft und den Menschenrechten in Ungarn feindselig sein mag: Das Ergebnis der Wahl macht uns noch entschlossener.“ Die Arbeit von Menschen und Organisationen, „die hart erkämpfte Rechte in Ungarn verteidigen, ist heute wichtiger als je zuvor“.

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