Sieben offene Fragen

Was ist denn da los mit unserem Geheimdienst?

Österreich
10.03.2018 15:40

Ist es eine sich anbahnende Staatsaffäre, wie die Opposition vermutet, oder handelt es sich lediglich um „lupenreine Ermittlungen in einem brisanten Fall“, wie der Innenminister betont? Seit dem Auffliegen des Krimis rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), also dem polizeilichen Geheimdienst, gibt es aktuell viele offene Fragen – aber nur wenige gesicherte Antworten. Der Versuch einer Erklärung zu den Hintergründen in der Causa prima.

Wer sind die Kronzeugen der Anklage?
Da die Justiz die Namen der Hinweisgeber wegen „Gefahr für Leib und Leben“ geheim hält, gibt es mehrere Versionen. Klar ist, dass zumindest ein Informant direkt aus der BVT-Zentrale am Wiener Rennweg stammt. Darauf deuten Detail-Infos in den im Vorjahr quer an Zeitungsredaktionen verschickten 39 Seiten an Anschuldigungen hin.

Was sind die Verdachtsmomente?
Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt wegen möglichem Amtsmissbrauch und Veruntreuung von „Quellengeldern“. Das sind Zahlungen für Tippgeber, finanziert vom Steuerzahler. Die Rede ist von nicht gelöschten Daten nach eingestellten Ermittlungen gegen einen Anwalt rund um den toten kasachischen Ex-Botschafter Rakhat Alijev, Passkopien aus Nordkorea für den Erzfeind im Süden, ausschweifenden Partys und sexueller Belästigung weiblicher Mitarbeiter.

Video: Christian Pilnacek, Generalsekretär im Justizministerium, informiert die Öffentlichkeit über die jüngsten Entwicklungen in der BVT-Affäre.

Wer sind die Beschuldigten?
An oberster Stelle steht der derzeit urlaubende Chef der Staatsschützer, Peter Gridling, selbst. Das Aus für den SPÖ-nahen BVT-Direktor nach zehn Jahren wegen „Verletzung der Dienstaufsicht“ gilt als sicher. Zudem sind es sein früherer Stellvertreter, der Leiter der Abteilung für Nachrichtendienst und Profileration (Waffenhandel), und ein weiterer Geheimdienstler.

Warum führte die eigentlich für Dealer zuständige Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) unter der Führung eines blauen Gemeinderates die Razzien durch?
Argumentiert wird, dass diese Einheit - im Gegensatz zur Anti-Terror-Truppe Cobra und dem eigentlich für solche Fälle zuständigen Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) - keine Berührungspunkte zum Geheimdienst hätte. Es gibt aber schon eine Anwaltsbeschwerde zur Verhältnismäßigkeit der mit gezückten Waffen und Maskierung durchgeführten Hausdurchsuchungen.

Was wurde beschlagnahmt?
Zwei Mobiltelefone, ein Stand-PC, drei USB-Sticks, acht Floppy-Discs, 397 Seiten Schriftverkehr sowie insgesamt 315 CDs - 19 davon von der Leiterin des Extremismusreferates, wo die Ermittlungen zu Burschenschaftern zusammenlaufen - und DVDs.

Was sind die Folgen des Geheimdienst-Krimis?
„Die Behörde kann zusperren“, formuliert es ein Insider. Denn da auch klassifizierte Dokumente höchster Sicherheitsstufe von befreundeten Nachrichtendiensten mitgenommen wurden, werden diese Info-Quellen wohl versiegen. Geheimdienste wollen eben eher im Schatten bleiben. Für die künftige innere Sicherheit in Österreich ist das besorgniserregend.

Was steckt angeblich noch hinter den Ermittlungen?
Die Gerüchteküche spricht von Intrigen, Begleichung alter Rechnungen und (blauen) Umfärbungen im Sicherheitsapparat.

Christoph Budin, Kronen Zeitung/krone.at

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