Buch-Rezension

Bon Scott: Die letzten Jahre des AC/DC-Sängers

Musik
23.02.2018 07:00

Vor wenigen Tagen, am 19. Februar, jährte sich der Tod von AC/DC-Sängerlegende Bon Scott zum bereits 38. Mal. Im Alter von nur 33 verstarb die Rock-Ikone in London auf dem Rücksitz eines Renault 5. Aufgrund einer Alkoholvergiftung erstickte er an seinem eigenen Erbrochenen und reihte sich in eine Riege legendärer Rocker ein, die allesamt viel zu früh das Zeitliche segneten.

(Bild: kmm)

Dass das Ableben des gebürtigen Schotten niemals vollends aufgelöst wurde, liegt nicht nur an den mangelhaften polizeilichen Untersuchungen, sondern vor allem auch an der Verschwiegenheit der Young-Brüder von AC/DC. Kein Wunder, dass von den gefühlt 100 Biografien und Abhandlungen über Australiens größte Rockband bislang keine einzige offiziell von den Bandmitgliedern autorisiert wurde.

Schmerzhafter Erfolg
Ganz tief in der Vergangenheit gegraben hat einmal mehr Autor Jesse Fink, der schon mit dem Buch „Die Brüder Young“ vor fünf Jahren für Aufsehen im Rock-Blätterwald sorgte. Im Endeffekt zeichnete der Brite kein gutes Bild über die machiavellischen Machenschaften des familiären Erfolgsgespanns, das für seine Band und ihre Legende buchstäblich über Leichen zu gehen schien. In seinem neuen, 575 Seiten starken Werk „Der letzte Highway – Die unerzählte Geschichte von Bon Scott und AC/DC“ knüpft der Autor nahtlos an sein Vorgängerwerk an und konzentriert sich vor allem auf die rätselhaften und bis heute nicht restlos aufgeklärten Umstände Scotts tragischen Todes. Dabei verstrickt sich Fink aber nicht in schnöden Details aus Kindheit und Jugendtagen, sondern konzentriert sich bewusst akribisch auf die letzten drei Jahre des Sängers bei AC/DC. Der Zeitspanne, in der der Band nach jahrelanger, harter Arbeit doch noch der Durchbruch gelang, ihr Leadsänger aber sehr wenig von den finanziellen Vorteilen dieser Beziehung für sich herausziehen konnte. Als er starb hatte er gerade einmal 30.000 US-Dollar auf seinem Konto.

Fink mühte sich mehr als drei Jahre lang lesbar dafür ab, so viele Interviewpartner wie möglich zur Zeitspanne zwischen AC/DCs erstem Nordamerika-Liveauftritt im Juli 1977 bis zu Scotts tragischem Tod aufzutreiben und ein möglichst zusammenhängendes Bild der Ereignisse herzustellen. So sprach er nicht nur mit Mitgliedern großer Bands wie Van Halen oder Foreigner, sondern auch mit ehemaligen Support-Combos, Ex-Freundinnen und Liebschaften, Freunden und Wegbegleitern und zahlreichen, nicht näher genannten anonymen Quellen. In bester „Embedded Journalism“-Manier trifft sich Fink über die Jahre an unterschiedlichsten Plätzen mit seinen Informanten, bekommt aber – wenig verwunderlich – kein einziges Statement oder gar eine Info vom AC/DC-Camp selbst. Die vom Autor beschriebene Szene, als er dem bereits an Alzheimer erkrankten Malcolm Young gegenübersteht, aber nicht versucht an ihn heranzutreten, verbildlicht die persönliche Verbissenheit, aber auch Verbitterung, mit der Fink ans Werk ging.

Widerhaken in den Erzählungen
Inhaltlich geht es Fink um zwei Hauptpunkte: Einerseits um zu klären, ob der bekennende Säufer Scott wirklich an einer Alkoholvergiftung starb, oder nicht doch eher Heroin und unterlassene Hilfeleistung seiner Freunde im Spiel war. Andererseits um beweisen zu wollen, dass die Texte des großen Erfolgsalbums „Back In Black“ von 1980 aus Scotts Feder stammen und nicht aus der seines Nachfolgers Brian Johnson. Letzteren diskreditiert der Autor zudem des Öfteren in mehr oder weniger subtiler Weise, was einer objektiven Betrachtung des Sachverhalts eher abträglich erscheint. Finks Interviewpartner verstricken sich zunehmend in widersprüchliche Aussagen und die diversen Gegenüberstellungen ebenjener führen eher zur Verwirrung des Lesers als zur gewünschten Aufklärung. So werden etwa wilde Verschwörungstheorien ob eines eventuell bewusst falsch ausgestellten Totenscheins aufgestellt oder verhaken sich die unterschiedlichen Erinnerungen von Scotts einstigen Wegbegleitern in ein verwirrtes, drogenumnebeltes Aussagen-Nirwana.

Neue Erkenntnisse liefert „Der letzte Highway“ aufgrund der mangelnden Beweise keine, dennoch muss man Fink zugutehalten, dass er mit sehr viel Einsatz, Herzblut und einer gesunden Dosis frecher Unbekümmertheit das bislang vollständigste und kompakteste Porträt über die finalen Tage und Monate des legendären AC/DC-Sänger gezeichnet hat. Dass man die einzige und endgültige Wahrheit nach knapp vier Dekaden wohl überhaupt nicht mehr herausfinden kann, damit muss auch der ambitionierte Autor leben, doch durch die interessanten, teilweise verstorbenen, Wortspender ergibt sich sogar für kundige Bon-Scott-Jünger die eine oder andere noch nicht bewusst wahrgenommene Detailneuigkeit aus diesem einzigartigen und viel zu kurzen Rockstarleben. It’s A Long Way To The Top If You Wanna Rock’n’Roll!

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