Gladbeck-Drama 1988

Geiselgangster Degowski nach 30 Jahren Haft frei

Ausland
16.02.2018 17:21

In Deutschland ist am Freitag der berüchtigte Gladbecker Geiselgangster Dieter Degowski nach fast 30 Jahren Haft auf freien Fuß gekommen. Im August 1988 hatten der jetzt 61-Jährige und sein Komplize mit einem Banküberfall samt Geiselnahme und der darauffolgenden Flucht mit drei Todesopfern Deutschland und die Welt tagelang in Atem gehalten. Das Drama ging als eines der spektakulärsten Schwerverbrechen in die deutsche Kriminalgeschichte ein. Jetzt will Degowski mit neuem Namen ein neues Leben beginnen.

Wie die Leiterin der Justizvollzugsanstalt Werl in Nordrhein-Westfalen am Freitag mitteilte, hat die Staatsanwaltschaft keine Beschwerde gegen einen Gerichtsbeschluss einlegt, wonach Degowski aus der Haft entlassen werden sollte.

Banküberfall, Geiselnahme, Flucht, Mord
Der Kriminelle hatte im August 1988 mit seinem weiterhin inhaftierten Freund Hans-Jürgen Rösner eine Filiale der Deutschen Bank in der Ruhrgebietsstadt Gladbeck überfallen und mehrere Geiseln genommen. Im Zuge ihrer spektakulären Flucht durch drei Bundesländer sowie die Niederlande erschossen die Täter zwei Geiseln, zuerst einen 15-Jährigen, dann eine 18-Jährige. Ein Polizist kam während des Einsatzes durch einen Verkehrsunfall ums Leben, zudem wurden mehrere Menschen verletzt.

Medienvertreter waren live dabei
Degowski und Rösner kamen auf ihrer Flucht zufällig mit Reportern in Kontakt - und ließen sich von ihnen begleiten. Die Präsenz von Medienvertretern erschwerte Strafverfolgern den Zugriff. In der Kölner Innenstadt gaben die beiden Schwerverbrecher Interviews, die Waffe am Hals einer Geisel. Über die Beteiligung der Medien an der Tragödie wurde später heftig gestritten - was schließlich zu veränderten Verhaltensregeln für Journalisten in solchen Krisensituationen führte.

Besondere Schwere der Schuld
Wegen des Verbrechens wurden Degowski und Rösner 1991 vom Landgericht Essen zu lebenslanger Haft verurteilt. Später stellten Gerichte bei beiden Tätern eine besondere Schwere der Schuld fest, was eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren ausschloss. Dabei wurde für den in Werl inhaftierten Degowski eine Mindesthaftdauer von 24 Jahren festgelegt. Rösner, bei dem zusätzlich Sicherungsverwahrung angeordnet wurde, sitzt weiterhin im Gefängnis. Auch er strebt eine vorzeitige Entlassung an.

Mittlerweile "nachgereift, psychisch stabil"
Zur Vorbereitung der Entscheidung für eine Freilassung Degowskis hatte das zuständige Gericht unter anderem das Gutachten eines renommierten Sachverständigen eingeholt, der eine positive Prognose erstellt hatte. Demnach sei der 61-Jährige "nachgereift, psychisch stabil" und ohne Alkohol- und sonstige Suchtprobleme, wie Peter Biesenbach, der Justizminister von Nordrhein-Westfalen, bereits im Vorjahr erklärt hatte. Degowski habe alle Lockerungen der Justizvollzugsanstalt Werl beanstandungsfrei absolviert - insgesamt 38 unbegleitete sowie zwölf Langzeitausgänge.

Will mit neuem Namen "Stigma" loswerden
Degowskis Anwältin Lisa Grüter hatte Ende des vergangenen Jahres mit Blick auf die nahende Entlassung ihres Mandanten mitgeteilt, dass er künftig nicht mehr Degowski heißen werde. Mit einem neuen Namen wolle er "dieses Stigma" loswerden, dass "er sich mit Degowski vorstellen muss, dem Namen, der so viele Erinnerungen weckt", erläuterte Grüter. Zudem sei er dankbar dafür, "dass er von der Gesellschaft noch eine Chance bekommt".

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