RH-Bericht liegt vor

Krankenhaus Nord: Totalversagen von Anfang an

Österreich
09.02.2018 11:03

Was man falsch machen konnte, wurde falsch gemacht. Der "Krone" liegt nun der komplette Rohbericht des Rechnungshofes zum Krankenhaus Nord vor – es ist ein Lehrstück in Sachen Scheitern und Versagen auf 173 Seiten. Die Protagonisten: der Krankenanstaltenverbund (KAV) und die politisch Verantwortlichen.

Zu teuer, zu spät eröffnet, überall Pleiten, Pech und Pannen. Totalversagen von Anfang an. Ein paar der dokumentierten Tiefpunkte:

  • Der KAV beabsichtigte 2006 noch, alle Leistungen eines Totalunternehmens in einem Verhandlungsverfahren zu vergeben. Der Verbund führte vor und während des Verhandlungsverfahrens keine Vergleichsrechnungen hinsichtlich einer anfälligen Eigenerrichtung oder Überlegungen zur Risikoübertragung durch.
  • Im Juli 2006 stellte eine Bewertungskommission fest, dass nur ein Bewerber den Mindestvoraussetzungen entsprach und sich für Phase zwei qualifizierte. Allerdings: Wegen erfolgreicher Einsprüche von zwei nicht qualifizierten Bewerbern wurden die Angebote erneut geprüft und ein ausgeschiedener Bewerber war wieder mit im Spiel.
  • Im April 2010 widerrief der KAV die EU-weite Ausschreibung. Und: Der Rechnungshof kritisiert den KAV, der "rund neun Monate von der Ausschreibung bis zum Zuschlag für das Verhandlungsverfahren plante, jedoch drei Jahre und elf Monate bis zum Widerruf benötigte". Eine erhebliche Verzögerung.
  • Der gesamte Kaufpreis für die Grundstücke in Floridsdorf betrug rund 35 Millionen Euro. Der Rechnungshof hielt fest, dass der vom KAV vereinbarte Kaufpreis von rund 292 Euro je Quadratmeter für das Krankenhausareal am oberen Ende der möglichen Bandbreite von 228 bis 295 Euro für das Grundstück lag.
  • Schließlich fungierte der Krankenanstaltenverbund selbst als Bauherr. Die harte Kritik der Prüfer: "Der KAV konnte im überprüften Zeitraum keine stabile, durchgängige Projektorganisation gewährleisten. Ihm fehlten Ressourcen zur Wahrnehmung der Bauherrenfunktion." Ein Großteil der Leistungen wurde wieder ausgelagert - allerdings gab es keine internen Vorgaben zu Direktvergaben. Dem KAV fehlte das "Know-how". Risiken wurden nicht entsprechend abgebildet, die quantitative Risikobewertung fehlte, auch vertragliche Regelungen zur Einhaltung des Kostenziels gab es nicht.
  • Der Beginn des Innenausbaus war vor (!) der Herstellung der Gebäudedichtheit geplant. Fehler wurden zu spät entdeckt oder gar nicht.
  • Beauftragt wurden viele externe Auftragnehmer unter anderem für die Planung. Alleine für Gutachten und Rechtsberatungen gab der KAV rund acht Millionen Euro aus.

Michael Pommer, Kronen Zeitung

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