Schulz mit blauem Auge

SPD-Parteitag stimmt für Koalitionsverhandlungen

Ausland
21.01.2018 16:48

Die SPD hat sich am Sonntag auf ihrem Sonderparteitag in Bonn für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union entschieden. Eine knappe Mehrheit von 56 Prozent der Delegierten machte nach einer kontroversen Debatte den Weg dafür frei. Angesichts der Zitterpartie mussten die Stimmkarten ausgezählt werden, um das Ergebnis klar bestimmen zu können. Beschlossen wurde auch die Forderung nach Nachbesserungen der bisher erreichten Sondierungsergebnisse in drei wichtigen Politikfeldern. Am Ende der Koalitionsverhandlungen müssen noch die mehr als 440.000 Parteimitglieder zustimmen.

Vor gut einer Woche hatten sich CDU/CSU und Sozialdemokraten auf ein Sondierungspapier geeinigt, das die Grundlage für Verhandlungen über eine neue gemeinsame Regierung bilden soll. In der SPD gibt es große Vorbehalte gegen die Neuauflage des schwarz-roten Bündnisses. Vor allem die Nachwuchsorganisation Jusos hat dagegen massiv Front gemacht. Entsprechend kontrovers verlief die Debatte beim Parteitag, bei der Befürworter und Gegner einer großen Koalition für ihre Positionen warben.

Leitantrag wurde ergänzt
Abgestimmt wurde über einen in letzter Minute ergänzten Leitantrag, in dem in drei Bereichen "konkret wirksame Verbesserungen" gegenüber dem Ergebnis der Sondierungen mit der Union gefordert werden. So sollen befristete Arbeitsverhältnisse die Ausnahme sein. Außerdem soll das "Ende der Zwei-Klassen-Medizin" eingeleitet werden. Drittens wird eine "weitergehende Härtefallregelung" für den Familiennachzug von Flüchtlingen gefordert. 

Schulz nach Votum "erleichtert"
Parteichef Martin Schulz, der bei einem Nein wohl seinen Hut hätte nehmen müssen, zeigte sich "erleichtert" über die Aufnahme von Koalitionsgesprächen mit der Union. Das knappe Abstimmungsergebnis - von 642 abgegeben Stimmen der Delegierten und stimmberechtigten Vorstandsmitglieder entfielen 362 auf Ja und 279 auf Nein, es gab eine Enthaltung - zeige, dass "hart gerungen" werden musste. Die SPD werde nun "in den nächsten Tagen" mit den Unionsparteien sprechen und einen Fahrplan für Koalitionsgespräche verabreden. "CDU und CSU werden sich darauf einstellen müssen, dass die Koalitionsverhandlungen genauso hart werden wie die Sondierungen."

Merkel: Noch viele Fragen zu klären
Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich mit dem Ergebnis der Abstimmung zufrieden. Die Union strebe eine stabile Regierung an, bekräftigte die CDU-Vorsitzende am Sonntagabend vor Beratungen der Spitzengremien ihrer Partei in Berlin. Grundlage der nun anstehenden Koalitionsverhandlungen sei das Sondierungspapier, sagte Merkel. Eine Vielzahl von Fragen sei noch zu klären. Es gehe jetzt darum, möglichst bald damit zu starten.

CSU-Chef Horst Seehofer erteilte der SPD-Forderung nach einer Nachbesserung der Sondierungsergebnisse von Union und SPD in drei Bereichen eine Absage. "Ich sehe da keine Möglichkeit", sagte er am Sonntagabend vor einer CSU-Präsidiumssitzung in München.

Schulz hatte am Samstag seine Partei erneut dazu aufgerufen, für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit den Unionsparteien zu stimmen, und vor Neuwahlen gewarnt. Auf dem Parteitag in Bonn versprach er er dann, weitere sozialdemokratische Forderungen in den "GroKo"-Gesprächen durchzusetzen: "Wir werden bis zum letzten Verhandlungstag für ein Ergebnis kämpfen, mit dem wir mit gutem Gewissen vor unsere Mitglieder treten können." Am Ende der Koalitionsverhandlungen müssen noch die Parteimitglieder zustimmen.

Umfrage: Gabriel kann SPD-Krise eher lösen als Schulz
Nach Überzeugung vieler Deutscher ist jedoch nicht Schulz, sondern sein Vorgänger und derzeitiger Außenminister Sigmar Gabriel am ehesten geeignet, die Partei aus der Krise zu führen. In einer aktuellen Umfrage im Auftrag der Funke Mediengruppe traute fast die Hälfte der Befragten (48 Prozent) Gabriel am ehesten eine Erneuerung der Traditionspartei zu. Nur 28 Prozent waren der Meinung, Schulz sei dafür der richtige Mann - 58 Prozent erklärten, die Rettung der SPD sei für ihren derzeitigen Vorsitzenden eine Nummer zu groß.

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