„Mir fehlte der Mut“

Buwog-Prozess: Hochegger gesteht Falschaussage

Österreich
09.01.2018 21:47

Der Strafprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und 13 weitere Angeklagte rund um die Fälle Buwog und Linzer Terminal Tower hat nach rund zweiwöchiger Pause begonnen, wie er vor den Weihnachtsfeiertagen geendet hatte: Ex-Lobbyist Peter Hochegger nahm erneut auf dem zentralen "Befragungssessel" Platz. Nach seinem Teilgeständnis werden insbesondere die Fragen von Grassers Verteidigern mit Spannung erwartet. Doch vorerst musssten sich Manfred Ainedter und Norbert Wess ein wenig gedulden. Am Dienstag stand Hochegger nämlich weiterhin Richterin Marion Hohenecker Rede und Antwort. Die Richtervorsitzende konfrontierte ihn mit Aussagen aus dem Buwog-Untersuchungsausschuss im Jahr 2012. Hochegger gab zu, dort in einigen Fällen die Unwahrheit gesagt zu haben.

Hocheggers "Reise des Lernens"
Damals sei er noch nicht bereit gewesen, ihm habe der Mut gefehlt. Nun sei er allerdings bereit, sich selbst und der Öffentlichkeit einzugestehen, dass er "Mittäter einer Untreuehandlung" gewesen sei. Der Entschluss, die Wahrheit auszusagen, sei in ihm auch während seiner "Reise des Lernens" gereift. So umschrieb Hochegger seine Therapie, nachdem bei ihm 2010 ein Burn-out attestiert worden sei. Seitdem beschäftigt sich der Viertangeklagte viel mit Yoga und Meditation.

Dass er damit andere belaste, "liegt in der Natur der Sache", betonte Hochegger, der zum wiederholten Male Grasser vorwarf, 2,4 Millionen Euro aus der Buwog-Provision kassiert zu haben. Der Ex-Finanzminister lauschte sehr konzentriert und verfolgte die jeweiligen Passagen aus den Protokollen des Buwog-Ausschusses, während Richterin Hohenecker die einzelnen Seiten durchging.

Streit mit Bruder wegen Nähe zu Grasser
Zur Sprache kam auch das Zerwürfnis zwischen Hochegger und seinem Bruder, mit dem der Angeklagte die PR-Agentur Valora gegründet und betrieben hatte. Der Grund für den Zwist war die Zusammenarbeit mit Walter Meischberger und die Nähe zu Grasser. Diese habe Hochegger aber sehr zum Missfallen seines Bruders, einem bekennenden Sozialdemokraten, für richtig erachtet und nicht aufgegeben. Nach dem Konkurs der Firma und einem persönlichen Schicksalsschlag habe sein Bruder zwei Jahre lang kein Wort mit ihm gewechselt. Heute sei dieses Thema aber wieder erledigt.

"Ohne Karl-Heinz hätten wir es nicht geschafft"
Die zentrale Frage, woher Meischberger den letzlich gewinnbringenden Tipp für die entscheidende Bieterrunde hatte, beantwortete Hochegger damit, dass er nach dem Abschluss des Projekts im Zuge eines persönlichen Gesprächs mit dem Grasser-Freund von diesem gehört habe: "Ohne Karl-Heinz hätten wir es nicht geschafft." Da er sich für das Buwog-Projekt "bedankt" habe, an dem er "sehr gut verdient" hatte, habe er lediglich eins und eins zusammengezählt. Andere Personen könnten dieses Gespräch nicht bezeugen, erklärte Hochegger.

Auch über ein Boot auf Ibiza erzählte Hochegger. Meischberger habe ihn damals zu einer gemeinsamen Bootsfahrt eingeladen und ihm gesagt, dass er sich das Boot gemeinsam mit Plech gekauft habe und sich mit ihm auch die laufenden Kosten teile. Das Boot ist laut früheren Medienberichten ein Motorboot vom Typ Pershing 37. Sein Honorar aus der Buwog-Privatisierung habe er in ein Anwesen in Ibiza angelegt, habe ihm Meischberger erzählt. Er selber, Hochegger, hatte mit dem Geld in Brasilien investiert.

Namhafte Politiker auf Hocheggers Payroll
Die Befragung gewährte auch Einblicke in die Geschäftsbeziehungen Hocheggers zu zahlreichen namhaften Politikern und Ex-Politikern. In einem Angestelltenverhältnis waren bzw. Honorare kassierten unter anderem der frühere Innenminister und ÖVP-EU-Abgeordnete Ernst Strasser, der 100.000 Euro jährlich erhalten habe, und der frühere SPÖ-Nationalratsabgeordnete Kurt Gartlehner, der monatlich 3000 Euro erhalten habe und für bestimmte Aufgaben noch dazu Honorare. Über Gartlehner sei - erfolgreich - ein Personalvorschlag für die Telekom-Control-Kommission gemacht worden, der von Hocheggers Kunden, der Telekom Austria, gekommen war, schilderte Hochegger. Die Telekom Austria habe jemanden in dieser Position haben wollen, mit dem sie reden konnte.

Als weitere Personen auf der Payroll Hocheggers wurden Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, Peter Schieder und Karl Blecha auf SPÖ-Seite sowie der frühere Christgewerkschafter (FCG) und Betriebsrat bei der Telekom Austria, Franz Kuzin, weiters Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach (FPÖ/BZÖ), Ex-Infrastrukturminister Matthias Reichhold (FPÖ) und die ehemalige Grünen-Abgeordnete Monika Langthaler genannt.

"Schmiergeldvertrag": Einfache Ausfertigung mit handschriftlichen Notizen
Auch der Provisionsvertrag zwischen Hochegger und der Immofinanz über ein Prozent der Verkaufssumme für die Bundeswohnungen wurde analysiert. Auf die Frage von der Richterin, ob man unter den Vertragsgegenstand sehr viel subsummiert werden könnte, antwortete Hochegger mit Ja. Auch gab er zu, dass der Vertrag lediglich in einfacher Ausfertigung vorgelegen sei und er nach einem Erstentwurf handschriftliche Änderungen kurz vor der Unterzeichnung durchgeführt hatte. "Das ist meine Handschrift", meinte Hochegger, als er sich den Vertrag ansah, der auf die Leinwand des Großen Schwurgerichtssaals projiziert wurde. Der Kommentar betraf den Passus, dass die Summe von einem Prozent anteilig auf alle beteiligten Gesellschaften im Österreich-Konsortium aufzuteilen seien. Den Vertragsentwurf habe er zunächst von Meischberger erhalten. Das Dokument sei dann durch ihn nur noch mit den Vertragspartnern versehen und an die Immofinanz bzw. die Raiffeisenlandesbank OÖ weitergeleitet worden. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass der ursprüngliche Vertrag von einer Verkaufssumme in der Höhe von lediglich 700 Millionen Euro ausging.

Wirbel um Grasser-Konto in den USA
Für Grasser war es auch während der Weihnachtsfeiertage turbulent geblieben. Ein in den USA aufgetauchtes Konto des Ex-Ministers ließ bei den Banken und Finanzbehörden die Alarmglocken schrillen. Wegen des Verdachts der Geldwäsche wurde sogar Grassers Konto in Österreich, auf welches Transfers vom US-Konto getätigt worden waren, gesperrt.

Die Anwälte Grassers haben zwar sehr bald das Konto in den USA verifiziert. Laut Ainedter besteht aber keinerlei Verbindung zum Fall Buwog. Bei den 1,1 Millionen US-Dollar handle es sich um ein normales Investment seines Mandanten - der übrigens am 2. Jänner seinen 49. Geburtstag beging. Wegen der Sperre droht Grassers Team nun mit Schadenersatzklagen.

Angeklagter fehlt krankheitsbedingt
Ein Angeklagter, der Schweizer Vermögensverwalter Norbert Wicki, muss derzeit aus gesundheitlichen Gründen vom Prozess fernbleiben. Sein Anwalt, Herbert Eichenseder, gab zu Protokoll, dass sein Mandant den Fortgang der Verhandlung nicht verschleppen und auch nicht ausgegliedert werden möchte.

Protokoll-Korrektur: Grasser hat Vermögen, aber keine Angaben
Das Verteidigerteam von Grasser stellte auch einen Antrag auf Änderung des Protokolls bezüglich der Angaben zu den persönlichen Angaben (Generalien). Es stimme nicht, dass ihr Mandant gemeint hätte, kein Vermögen zu besitzen. Vielmehr stimme, dass Grasser keine Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen machen wollte. Dies wurde von der Richterin dem Protkoll korrigierend hinzugefügt.

Anwalt Michael Dohr brachte einen Antrag ein, in dem um die Möglichkeit einer Abwesenheit seines Mandanten von der Hauptverhandlung gebeten wird. Dem Zehntangeklagten, einem ehemaligen Porr-Manager, wäre es wegen der langen Prozessdauer nicht möglich, seiner Beschäftigung nachzugehen. Sein Einkommen wäre aber für die Versorgung seiner Familie notwendig, da die Ehefrau laut dem Verteidiger lediglich zehn Stunden in der Woche arbeite und das Geld eben nicht ausreiche, um für die Lebenshaltungskosten der gesamten Familie aufzukommen.

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